„Faule Eier“

Kanzler verspricht Impfungen – Opposition tobt

Politik
03.04.2021 14:46

Der Kanzler stellt Öffnungsschritte für Sport, Kultur, Gastronomie und Tourismus im Mai in Aussicht und möchte jedem impfbereiten Österreicher innerhalb der nächsten 100 Tage auch eine solche anbieten - das Oster-Video (oben) von Sebastian Kurz (ÖVP) sorgt für Diskussionen im Land, vor allem bei der Opposition gingen die Wogen am Samstag hoch. Während Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) noch abwartend reagierte, zeigte sich etwa die SPÖ empört über „leere Versprechungen“. Der Kanzler erwecke „falsche Hoffnungen“ und lege den Österreichern „faule Eier ins Nest“, so die Argumentation.

Kurz ließ in seinem Video mit großen Versprechungen aufhorchen: Demnach soll trotz Lieferproblemen innerhalb von 100 Tagen jeder im Land geimpft werden können, der es auch möchte. Bis Ende April sollen alle Über-65-Jährigen eine Impfung erhalten haben, im Mai seien alle Über-55-Jährigen an der Reihe und im Juni sollen dann alle anderen Altersklassen folgen. „Sodass wir alle im Sommer zur Normalität zurückkehren können.“ Die Zeit bis dahin bleibe aber herausfordernd und „unvorhersehbar“, warnt Kurz.

Mit der Durchimpfung der älteren Menschen im Mai werde sich die Situation in den Spitälern entspannen - und dann werde man die Öffnungsschritte setzen können, die alle „sehnsüchtig erwarten“, nämlich „endlich wieder Sport, Kultur, Gastronomie und Tourismus erleben und genießen zu können“.

In nur 100 Tagen sollen alle willigen Österreicher laut Kanzler geimpft sein. (Bild: Screenshot: YouTube.com/Sebastian Kurz)
In nur 100 Tagen sollen alle willigen Österreicher laut Kanzler geimpft sein.

Mit Sputnik V könne Durchimpfung schneller gehen
„Wir sind derzeit beim Impffortschritt unter den Top-10-Ländern in Europa und unter den Top 20 weltweit“, so Kurz weiter. Sollte der russische Impfstoff „Sputnik V“ zum Einsatz kommen, soll die Immunisierung gegen das Coronavirus sogar noch zusätzlich beschleunigt werden.

Anschober erklärt Plan als „nicht fixiert“
Der Öffnungsplan des Kanzlers sei nicht abwegig, Gesundheitsminister Rudolf Anschober warnt jedoch davor, ihn „als fixiert“ anzusehen. Es sei „wichtig, dass eine Perspektive sichtbar ist“, meinte der Minister im Ö1-„Mittagsjournal“ zu den Ankündigungen. Er sieht aber durchaus „die Chance“ auf Öffnungen im Mai - wenn in den nächsten zehn Tagen die Trendwende geschafft wird und die zuletzt mit 3000 bis 3600 „viel zu hohe“ Zahl der Neuinfektionen sinkt.

Anschober pocht auf eine Trendwende bei den Infektionszahlen auf „solidarisches" Verhalten der Bevölkerung. (Bild: APA/Helmut Fohringer)
Anschober pocht auf eine Trendwende bei den Infektionszahlen auf „solidarisches" Verhalten der Bevölkerung.

Zurückhaltend zeigte sich Anschober auch zum Einsatz der „Sputnik V“-Vakzine: Sicherheit habe Vorrang, die Qualität müsse sichergestellt sein.

SPÖ: „Das Gegenteil von Führung“
Die Opposition konnte Kurz mit seinem Video jedoch nicht überzeugen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch kritisiert die von Kanzler Kurz in einem Facebook-Video getätigten Aussagen als „faule Eier“, die den Österreichern „ins Nest gelegt“ werden. „Kurz setzt mit seinen heutigen Aussagen seine Politik der falschen Hoffnungen und leeren Versprechen unbeirrt fort. Die Intensivstationen sind voll und der Kanzler ist abgetaucht und war zu feige, Gegenmaßnahmen zu setzen. Das ist das Gegenteil von Führung in einer Krise“, stellt Deutsch fest.

Die Pandemie ließe sich „nicht über Facebook-Videos bekämpfen", ließ Deutsch den Kanzler wissen. (Bild: APA/Roland Schlager)
Die Pandemie ließe sich „nicht über Facebook-Videos bekämpfen", ließ Deutsch den Kanzler wissen.

Um bis Ende Juni zwei Drittel der Bevölkerung durchgeimpft zu haben, wie Kurz das verspricht, müssten 100.000 Menschen am Tag in Österreich geimpft werden. „Davon sind wir meilenweit entfernt.“ Kurz habe zudem mit „seinem diplomatischen Totalversagen“ viel Porzellan in der EU zerschlagen und Österreich damit „ins Abseits manövriert“, so Deutsch.

Versprechen „nicht ansatzweise gehalten“
FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl fühlte sich unterdessen durch das Video an das Vorjahr erinnert. Schon da habe Kurz Ankündigungen - nämlich die „Auferstehung“ nach Ostern - gemacht, „die Sie nicht einmal ansatzweise gehalten haben“. Jetzt gebe der Kanzler „einmal mehr Versprechen ab, die er nicht wird halten können“.

Niemand glaube daran, „dass das schwarz-grüne Impfchaos jetzt beendet wird und sich tatsächlich in absehbarer Zeit jeder impfen lassen kann, der das will“ - und genauso wenig Anlass gebe es zu glauben, dass die Impfung das Virus besiegen werde, ist sich Kickl sicher.

NEOS: Taten zählen, nicht Worte
Auch NEOS haben kein Vertrauen in die Ankündigungen des Kanzlers. „Erst im März hat Sebastian Kurz versprochen, dass alle über 75 bis April geimpft sein werden. Heute - am 3. April - stehen wir bei knapp 20 Prozent. Was soll man diesem Bundeskanzler noch glauben? Wie soll man dieser Regierung noch vertrauen?“, fragte Gesundheitssprecher Gerald Loacker.

Auch Gerald Loacker zeigte kein Vertrauen in die Versprechungen des Kanzlers. (Bild: APA/Herbert Neubauer)
Auch Gerald Loacker zeigte kein Vertrauen in die Versprechungen des Kanzlers.

Reine PR-Show-Politik sei zu wenig in der Krise, „es zählen Taten, nicht Worte", teilte Loacker dem Kanzler mit.

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