Wegen Aktenlieferung

Hofburg muss über Exekution bei Blümel entscheiden

Politik
23.06.2021 15:39

Die Zuständigkeit für die - von der Opposition gewünschte - Exekution der Aktenlieferungen von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) an den Ibiza-U-Ausschuss sieht der Verfassungsgerichtshof nicht bei sich, sondern bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Dessen Zuständigkeit sei mit dem Exekutionsantrag vom 5. Mai begründet worden. Der VfGH habe nicht die Stellung eines „betreibenden Gläubigers“, Entscheidungen über weitere Schritte lägen also bei Van der Bellen, hieß es am Mittwoch. Blümel selbst teilte hingegen am Mittwochnachmittag mit, „rechtskonform und rasch“ geliefert zu haben.

Van der Bellen hatte nach einem Schreiben der Opposition den VfGH um Mitteilung ersucht, ob er seinen Exekutionsantrag aufrechterhält. SPÖ, FPÖ und NEOS hatten beklagt, dass die - nach dem Exekutionsantrag - erfolgten Aktenlieferungen des Finanzministeriums unvollständig und zum Teil mangelhaft (weil nicht in elektronischer Form) seien. Blümel hat das bestritten und Van der Bellen eingeladen, sich von der Vollständigkeit der Aktenlieferung zu überzeugen.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bei seiner zweiten Befragung im Ibiza-U-Ausschuss (Bild: APA/Helmut Fohringer)
Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bei seiner zweiten Befragung im Ibiza-U-Ausschuss

VfGH hat „nicht die Stellung eines betreibenden Gläubigers“
Das Ersuchen des Bundespräsidenten wurde im Plenum des VfGH erörtert und mit einem am Mittwoch übermittelten Schreiben beantwortet. Darin verweist der VfGH darauf, dass die Verfassung ihm keine über den Antrag hinausgehende Zuständigkeit im Exekutionsverfahren zuweise - und hebt besonders hervor, dass er nicht die Stellung eines betreibenden Gläubigers habe.

Präsidentschaftskanzlei bestätigt Erhalt der VfGH-Mitteilung
Die Exekution sei gemäß Art. 146 Abs. 2 B-VG nach den Weisungen des Bundespräsidenten durch nach seinem Ermessen beauftragte Organe durchzuführen. Dabei komme ihm ein „weiter Handlungsspielraum“ zu. „In diesem Zusammenhang obliegt es dem Bundespräsidenten allerdings auch zu entscheiden, ob und gegebenenfalls welche weiteren Schritte zu setzen sind, um den vom Spruch des Erkenntnisses vom 3. März 2021, UA 1/2021, verlangten Zustand herzustellen“, konstatiert der Gerichtshof. In der Präsidentschaftskanzlei wollte man sich über das weitere Vorgehen nicht inhaltlich äußern. Man bestätigte nur den Erhalt der Mitteilung des VfGH.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen (Bild: APA/Bundesheer/Peter Lechner)
Bundespräsident Alexander Van der Bellen

Mit dem ursprünglichen Erkenntnis hatte der VfGH am 3. März dem Verlangen der Opposition auf Aktenlieferung des Finanzressorts am 3. März stattgegeben - und Blümel aufgefordert, unter anderem die E-Mail-Postfächer der Leiterin des Beteiligungsmanagements im Finanzministerium sowie die Korrespondenzen von Ministeriumsmitarbeitern mit dem ehemaligen ÖBAG-Chef Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium, und anderen Mitarbeitern von Ex-Finanzministers Hartwig Löger (ÖVP) dem Ausschuss zur Verfügung zu stellen.

Da Blümel dem nicht nachkam, hatte die Opposition die Exekution beantragt. Auch dem kam der VfGH nach und beauftragte Van der Bellen am 5. Mai mit der Exekution. Bisher kam es dazu allerdings nicht, Blümel startete damals umgehend die Lieferung. Die letzte Tranche kam am 16. Juni.

Hafenecker kritisiert zahnlosen Van der Bellen
Die FPÖ forderte den Bundespräsidenten am Mittwoch umgehend auf, jetzt „endlich seine Verantwortung wahrzunehmen und durch Exekution die vollständige Aktenlieferung“ zu gewährleisten. Aus Sicht von U-Ausschuss-Fraktionsvorsitzendem Christian Hafenecker ist Van der Bellen bereits seit zwei Monaten „zahnlos“ vorgegangen - weil er das VfGH-Erkenntnis nicht gleich im Mai hat exekutieren lassen. Dabei habe Blümel nicht nur unvollständig, sondern großteils mit „völlig unangemessener Geheimhaltungsstufe“ geliefert.

Keine Ratschläge von Justizministerin Zadic und Krainer
Keine Ratschläge erteilen wollte dem Staatsoberhaupt am Mittwoch Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Sie habe immer gesagt, Respekt vor den Institutionen sei ihr wichtig. Dort liege jetzt der Ball, sagte Zadic nach dem Ministerrat. Karg fiel auch die Stellungnahme des SPÖ-Fraktionsführers im Untersuchungsausschuss, Jan Krainer, aus. Van der Bellen brauche jetzt keine Ratschläge, sagte er in einer Sitzungspause und: „Ich habe volles Vertrauen, dass er machen wird, was er für richtig hält.“ Auch die NEOS haben dazu eine ähnliche Auffassung. Die Frage, wie Van der Bellen ein solches Erkenntnis exekutieren lassen würde, ist tatsächlich offen, denn bisher hat noch kein Bundespräsident diese Befugnis ausgeübt - und in der Verfassung sind keine Details geregelt.

Blümel wehrt sich per Facebook
Am Mittwochnachmittag hat sich auch Gernot Blümel, der am Dienstagabend in der „ZiB 2“ zu Gast war, zu Wort gemeldet. In einem Facebook-Posting, das an ORF-Moderator Armin Wolf und die Facebook-Community gerichtet ist, stellte er klar, dass er gewisse Dokumente sehr wohl bereits geliefert und „rechtskonform gehandelt“ habe.

Ex-Justizminister Josef Moser (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Ex-Justizminister Josef Moser

U-Ausschuss: Moser bestätigt Weisungen, Sobotka angezeigt
Der Ibiza-Untersuchungsausschuss selbst wartete am Mittwoch mit türkiser Prominenz auf. Neben Ex-Justizminister Josef Moser ist auch Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger als Auskunftsperson geladen. Moser hat in seiner Befragung am Vormittag zwei Weisungen kurz nach Aufkommen des Ibiza-Videos im dafür zuständigen Untersuchungsausschuss bestätigt. Er habe zum einen seinen damaligen Generalsekretär Christian Pilnacek ersucht, die Korruptionsermittler mit der Herbeischaffung des Materials zu betrauen. Weiters sollte die Kommunikation bei der Oberstaatsanwaltschaft „gebündelt“ werden. Am Mittwoch wurde auch bekannt, dass gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der am Donnerstag erneut im U-Ausschuss befragt wird, eine weitere Anzeige eingegangen ist.

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