Kaum ein anderes Land testet so viel auf das Coronavirus wie Österreich. Im ganzen Land gibt es zahlreiche kostenlose Angebote. Diese Praxis könnte sich im Herbst ändern, immer mehr Akteure denken über ein Ende des Gratis-Testangebots nach.
An vorderster Front treten dafür ÖVP-regierte Bundesländer ein. SPÖ-Länder sind in dieser Frage eher zurückhaltend. Angestoßen wurde die Debatte von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Unterstützung für ihn kam am Mittwoch aus Tirol, Vorarlberg und der Steiermark. Es sei durchaus legitim, eine Debatte darüber zu führen, ob die Corona-Tests im Herbst weiterhin gratis zur Verfügung gestellt werden sollen. „Auf Dauer wird es sich nämlich nicht ausgehen, dass immer alles gratis ist“, erklärte der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) gegenüber der APA.
„Wenn die Situation halbwegs berechenbar ist, sollte man zu gegebenem Zeitpunkt von den Gratistests wegkommen“, sagte Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Aus Sicht des Landes sei es momentan für kostenpflichtige Tests noch zu früh, weil der weitere Verlauf der Pandemie noch nicht klar sei. „Sollte Testen im größeren Umfang als effektive Maßnahme in der Pandemiebekämpfung notwendig sein, wird man das im Herbst sicherlich berücksichtigen müssen“, stellte Wallner fest.
Auch der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), der sich schon mehrmals etwa zur Impfpflicht gemeldet hat, kann sich „grundsätzlich ein kostenpflichtiges Testangebot ab November mit einem Selbstbehalt zumindest in der Höhe der Rezeptgebühr“ als sinnvoll vorstellen. „Natürlich müssen wir uns ohne Schaum vor dem Mund die Frage stellen, inwieweit die Gratistests aufrechterhalten werden können. Klar ist aber, dass es hierbei Ausnahmen für sozial Schwache sowie für jene, die sich nicht impfen lassen können, geben muss“, sagte der Landeschef auf APA-Anfrage.
Sozialversicherung der Selbstständigen: „Von 3-G auf 2-G zurück“
Der Obmann der Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) und Co-Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger, Peter Lehner (ÖVP), sprach sich gegen eine gesetzliche Impfpflicht aus. Man müsse sich aber überlegen, „ob uns das kostenlose Testen nicht einen Bärendienst erweist“, sagte er am Rande einer Pressekonferenz in Wien und empfahl daher, „eher von 3-G auf 2-G zurückzugehen“.
Ärztekammer NÖ: „Allgemeinheit bezahlt für Impfverweigerer“
Die Allgemeinheit müsse seit Monaten „für Impfverweigerer bezahlen, obwohl genügend Impfstoff vorhanden ist“, lautet auch die Argumentation der Niederösterreichischen Ärztekammer für das Ende der Gratistests. Die Politik sei aufgefordert, in dieser Sache aktiv zu werden, forderte der Präsident der NÖ-Ärztekammer, Christoph Reisner. „Solange es keinen oder zu wenig Impfstoff gab, waren diese Tests wichtig und notwendig, um die Ausbreitung von Covid-19 möglichst gering zu halten. Nun gibt es jedoch in Österreich für jeden eine Impfung, die weltweit zugelassen ist und eine sehr hohe Wirksamkeit besitzt. Es ist sogar möglich, sich den Impfstoff selbst auszusuchen.“
Das Land Niederösterreich reagierte etwas zurückhaltender und spielte den Ball an die Bundesregierung. „Das ist ein Thema, mit dem sich die Bundesregierung in Richtung Herbst beschäftigen muss“, hieß es auf Anfrage. In Salzburg sah Gesundheitslandesrat Christian Stöckl (ÖVP) das Thema aus wirtschaftlichen Gründen recht pragmatisch: „Die Länder können aufgrund des Epidemiegesetzes und des Covid-19-Zweckzuschussgesetzes die ihnen entstehenden Kosten abrechnen. Das ist klar geregelt. Wenn das Testen in Zukunft etwas kosten soll, ist das einzig und alleine Angelegenheit des Bundes“, sagte er zur APA.
Hacker: „Werden Testangebot sicher nicht reduzieren“
Die roten Länder Wien, Kärnten und Burgenland lehnten den Vorstoß ihrer ÖVP-Kollegen ab. Die PCR-Tests seien ein wichtiger Teil des städtischen Screening-Programmes und gäben wichtige Aufschlüsse zur Entwicklung der Pandemie, was etwa die Ausbreitung der Delta-Variante betreffe, sagte der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Eine derartige Diskussion finde er „unnötig“. Auch von einer weiteren Reduktion der Testangebote wird die Stadt Wien laut Hacker absehen: „Wir haben in Wien fast 50 Prozent positive Fälle ohne Symptome. Die können wir davor bewahren, andere anzustecken, weil wir sie durch unsere großen Test-Screeningprogramme gefunden haben. Daher werden wir das Testangebot sicher nicht reduzieren.“
FPÖ über Debatte empört
Die FPÖ reagierte auf die Überlegungen zu einem Aus für Gratistests empört. Solange es Beschränkungen und Einschränkungen durch die türkis-grüne Regierung im privaten und beruflichen Leben gibt, müssten die Tests weiterhin kostenfrei bleiben - „alles andere wäre höchst unredlich und käme einem Impfzwang gleich“, kritisierte die freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch.
NEOS: „Ziel muss sein, dass sich möglichst viele impfen lassen“
NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker reagierte erfreut auf den Vorstoß: „Solange man an jeder Ecke einen Gratistest bekommt, wird die Durchimpfungsrate nicht entscheidend erhöht werden können.“ Ein niederschwelliges Testangebot sei zweifelsohne zu einer Zeit, als der Impfstoff noch rar war, wichtig gewesen. „Doch unser Ziel muss es ja sein, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen - besonders angesichts der Delta-Variante. Das Testen schützt nicht vor schweren Verläufen. Davor schützt nur die Impfung. Daher müssen nach dem Sommer, wenn jede und jeder die Möglichkeit hatte, sich impfen zu lassen, Tests kostenpflichtig werden.“
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