In Graz siegt bei der Gemeinderatswahl völlig überraschend die KPÖ - doch auch in anderen steirischen Gemeinden gab es zuletzt große Sensationen. Verlieren die etablierten Parteien nun auch auf kommunaler Ebene ordentlich an Terrain? Eine Spurensuche der „Krone“.
Sie sind an zwei weit voneinander entfernten Rändern der Steiermark daheim, doch eines verbindet die Bürgermeister Anton Vukan (Mureck) und Ernst Fischbacher (Ramsau): Sie wurden in den vergangenen Tagen oft darauf angesprochen, was sie zum KPÖ-Sieg in Graz sagen.
Kein Zufall: Die Kommunalpolitiker sorgten in ihren Gemeinden für einen völligen Umsturz. Vukan, langjähriger SPÖ-Landesgeschäftsführer, gründete im Vorjahr mit dem ÖVP-Vizebürgermeister eine neue Liste und holte prompt eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Fischbacher wurde mit seiner Liste 2015 Bürgermeister und konnte fünf Jahre später von acht auf elf Gemeinderatsmandate weiter zulegen.
Das Thema Wohnen bewegt Bevölkerung
„Das war ein noch größeres politisches Erdbeben“, so der Ennstaler zur „Krone“. Denn in den Jahren davor hat man auch unpopuläre Maßnahmen gesetzt, etwa Gebühren erhöht. Ein Thema bewegt Ramsau genauso wie Graz: Wohnen: „Bei uns geht’s primär um Zweitwohnsitze und Verbauung.“ Das gilt auch für die Nachbargemeinden Schladming und Haus, wo 2020 Bürgerlisten die ÖVP sensationell vom Thron stürzten.
Natürlich wurde ich auch gewählt, um andere zu verhindern.
Ernst Fischbacher
Politische Veränderungen sind laut Fischbacher immer dann möglich, wenn bei einer Wahl eine Alternative vorhanden ist - und die etablierten Parteien die Augenhöhe mit den Bürgern verloren haben. „Natürlich wurde ich auch gewählt, um andere zu verhindern“, ist der Ramsauer realistisch.
„Viele wollen keine Parteipolitik mehr“
Einen ähnlichen Zugang zur Politik wie Fischbacher hat der Murecker Bürgermeister Anton Vukan: „Es geht um konkrete, ehrliche Arbeit über die ganzen fünf Jahre. Man kann nicht drei Wochen vor der Wahl beginnen, alles niederzureißen. Da kannst du noch so viel Geld einsetzen, das nutzt nix.“
Man kann nicht drei Wochen vor der Wahl beginnen, alles niederzureißen. Da kannst du noch so viel Geld einsetzen, das nutzt nix.
Anton Vukan
Wird es solche großen Umwälzungen auf kommunaler Ebene künftig öfters geben? Fischbacher („Der politische Freigeist wird immer größer“) und Vukan („Viele Bürger wollen auf Gemeindeebene keine Parteipolitik mehr“) tendieren zu Ja. Etwas skeptischer ist da der Grazer Politikwissenschafter Heinz Wassermann: „Das sind punktuelle Eruptionen, die man meist auf einige wenige Ursachen zurückführen kann.“
Beispiel Gemeindezusammenlegungen: So seien 2015 die Verluste für ÖVP und SPÖ in den Fusionsgemeinden deutlich größer gewesen als in den nicht-fusionierten Gemeinden. Oder Beispiel Wohnen, das im Ennstal die Wahl entschied. Die „nächste Bombe“ in dieser Hinsicht tickt laut Wassermann im südsteirischen Weinland, wie die Volksbefragung zu einem Großprojekt in Ratsch gezeigt hat: „Wenn da die Bürgermeister nicht steuernd eingreifen, fliegt ihnen das um die Ohren.“
Landesweiter Denkzettel für Toni Vukan möglich
Mahnende Worte, und zwar in Richtung Landesregierung, findet auch Murecks Bürgermeister Vukan. Im Gemeinderat laufe es seit der Wahl zwar gut - doch beim Land spüre man „eine gewisse Tendenz“, Kommunen mit Bürgerlisten an der Macht finanziell zu benachteiligen. „Das könnte einmal einen landesweiten Denkzettel geben...“
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.