Nach den am Mittwoch bekannt gewordenen Ermittlungen gegen Sebastian Kurz und den neu aufgetauchten Chatnachrichten seiner Vertrauten ist sich die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer, sicher, dass es zur Causa einen Untersuchungsausschuss geben wird. Sie gehe „fix davon aus“, sagte sie am Sonntag. Zudem schloss sie aus, dass Kurz in dieser Legislaturperiode wieder Bundeskanzler werde. „Ziel“ sei es jedenfalls, dass die türkis-grüne Koalition mit dem künftigen Bundeskanzler Alexander Schallenberg bis zum Ende der Legislaturperiode hält.
Der derzeitige Außenminister Schallenberg sei nicht in die Affäre verwickelt und „handlungsfähig“, sagte Maurer in der ORF-Sendung „Hohes Haus“. Es sei wichtig, dass die Koalition weiter arbeitet und die auf den Weg gebrachten Projekte wie das Budget, die Steuerreform und die Pandemiebekämpfung bewältigt. Die Grünen hätten ihren Wählern und der Republik gegenüber eine Verantwortung, für eine stabile Regierung zu sorgen, begründete Maurer nochmals die Fortsetzung der Koalition. Man stehe für „Aufklärung und Stabilität“.
Opposition will „Korruptionsanfälligkeit der ÖVP“ untersuchen
Dass es zu den Korruptionsvorwürfen gegen Sebastian Kurz und der ÖVP einen Untersuchungsausschuss geben wird, bestätigten SPÖ und FPÖ am Sonntag. Dabei werde es voraussichtlich auch um den in den Chats bekannt gewordenen Umgangston geben. Der Freiheitliche Christian Hafenecker, der schon Fraktionsführer im Ibiza-Untersuchungsausschuss war, bestätigte gegenüber der APA die dazu laufenden Gespräche. Man sei mit dem Untersuchungsgegenstand schon „relativ weit“, im Großen und Ganzen werde es um die „Korruptionsanfälligkeit der ÖVP“ gehen. Hafenecker geht davon aus, dass der Antrag auf den Ausschuss schon bald im Parlament eingebracht werden kann.
Auch der SPÖ-Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss, Kai Jan Krainer, bestätigte, dass ein solcher U-Ausschuss kommen werde. Er betonte, dass die neuen Vorwürfe gegen die ÖVP ein Teil davon sein werden. Das neue Material lasse die Angelegenheit „viel schlimmer“ erscheinen als bisher angenommen. Krainer sprach von „Strippenziehern der Korruption“ in der ÖVP und von „mafiösen Strukturen“, die die Republik unterwanderten.
Die NEOS bekräftigten am Sonntag ebenfalls, dass es einen U-Ausschuss brauchen werde. Was in den Chats bisher ans Licht gekommen ist, sei „nur die Spitze des Eisberges“, so der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak.
Maurer: Sittenbild in den Chats Sache der ÖVP
Die grüne Klubobfrau kündigte an, dass ihre Fraktion auch in einem neuen U-Ausschuss seriöse Aufklärungsarbeit leisten werden. Dass Kurz nun als Klubobmann in den Nationalrat geht, kommentierte Maurer damit, dass die Grünen nicht die Personalbesetzungen andere Parteien beeinflusse. Und welches Sittenbild die ÖVP in den Chats biete, das sei Sache der ÖVP. Man habe einen Koalitionsvertrag mit einer Partei, nicht einer Person, so Maurer.
Aufhebung der Immunität rechtliche Frage
Zur Ankündigung von Kurz, als Abgeordneter auf seine Immunität verzichten zu wollen, damit die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft weitergeführt werden können, stellte die Grüne Klubobfrau klar, dass dies „kein Gnadenakt“ der ÖVP sei. Dazu müsse es einen Auslieferungsantrag der Staatsanwaltschaft geben, über den dann der Nationalrat entscheide. Das sei eine Rechtsfrage und keine politische Frage.
Sondersitzung am Dienstag
Für Dienstag ist im Nationalrat eine Sondersitzung angesetzt, diese wird nach dem Rücktritt von Kurz aber unter anderen Vorzeichen stattfinden. Eine Dringliche Anfrage könnte sich statt an ihn als Kanzler an seinen Nachfolger Schallenberg richten. Auszugehen ist auch davon, dass es am Dienstag einen oder mehrere Misstrauensanträge geben wird - denn der Opposition reicht die Kanzlerrochade nicht, sie sieht das „System Kurz“ fortgesetzt. Die Oppositionsparteien wollen die Entscheidung, welche Anträge man einbringen wird, am Montag fällen, hieß es.
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