Obwohl der für dieses Jahr geplante ÖVP-Untersuchungsausschuss noch nicht einmal begonnen hat, fliegen politisch in der Sache bereits die Fetzen. Nachdem Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) meinte, dass sich manche Abgeordnete „wie bei einem Tribunal“ verhalten würden, konterte nun die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). Es gehe nicht an, dieses wichtige Kontrollinstrument „permanent zu diskreditieren“, weil man an einer Aufklärung nicht interessiert sei, sagte sie am Sonntag.
Erst am Samstag äußerte der Bundeskanzler im Interview mit dem „profil“ Verständnis für das „Unbehagen“ seiner Partei vor dem Untersuchungsausschuss zu angeblichen Korruptionsaffären im Umfeld der ÖVP. Man könne „Institutionen wie einen U-Ausschuss auch missbrauchen“, zeigte sich Nehammer kritisch.
Bures ortet „Spiel mit Feuer“
„Nur weil man eine Aufklärung verhindern will, dieses verfassungsmäßige Instrument in Misskredit zu bringen“ sei „ein Spiel mit dem Feuer“, ging Bures in der ORF-„Pressestunde“ - ohne Namen zu nennen - scharf mit der ÖVP ins Gericht. Kontrolle sei eine in der Verfassung festgeschriebene Kernaufgabe des Parlaments. Wenn U-Ausschüsse „permanent diskreditiert“ werden, würden „ganz wesentliche Instrumente unserer Demokratie in Zweifel gezogen“.
„Nicht unnütz, nur weil einem Inhalt nicht recht ist“
Es gelte, dieses Instrument „mit Zähnen und Klauen zu verteidigen“ - und nicht als „unnütz, nicht brauchbar, unnötig“ abzutun, „nur weil einem selber der Inhalt des Ausschusses nicht recht ist“. Die ÖVP habe offenbar kein Interesse aufzuklären, wie es zum bekannten Chatverkehr hochrangiger Beamter und Politiker darüber kam, „wie man sich das Land aufteilt, wie man Politik macht ... in einer Sprache, die ich nicht wiederholen will“.
Was sie etwas später doch tat - um klarzumachen, dass in der SPÖ Ausdrücke wie „wir sind die Hure der Reichen“ nicht verwendet würden. Mit dem Argument „das ist überall so“ werde auch nur versucht, Aufklärung zu verhindern. „Nein, das ist nicht so“, merkte sie an, „wir haben deshalb drei Bundeskanzler gehabt im letzten Jahr und so viele Strafverfahren, weil das eben nicht so ist.“
Durch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind zuletzt Chat-Nachrichten aufgetaucht, die den Verdacht auf Korruption geweckt haben. Auf Begehren von SPÖ, FPÖ und NEOS wurde daher ein eigener Untersuchungsausschuss im Nationalrat eingesetzt, um zu klären, „inwiefern Vorteile an mit der ÖVP verbundene Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes zu parteipolitischen Zwecken gewährt und damit Gesetze gebrochen wurden“.
Regeln für U-Ausschüsse gemeinsam beschlossen
Die Regeln für die U-Ausschüsse seien - bei der Etablierung als Minderheitsrecht - 2015 einstimmig beschlossen worden. Auch wie die Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen - deren Verletzung die ÖVP immer wieder beklagt - geschützt werden, sei geregelt. Sie können sich an den Verfassungsgerichtshof zu wenden. Das hätten im Ibiza-U-Ausschuss auch einige getan, aber der VfGH habe in keinem einzigen Fall eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten festgestellt, merkte Bures an.
Sobotka-Vorsitz: „Seine Entscheidung“
Jedenfalls sei es gut, dass das „Sittenbild“, das die ÖVP-Chats zeigten, jetzt im - Anfang März mit Befragungen startenden - neuerlichen U-Ausschuss untersucht würden. Zur Vorsitzfrage verwies die Zweite Nationalratspräsident einmal mehr darauf, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) die Entscheidung obliegt. Diese „kann und will ich ihm nicht annehmen“, sagte sie, angesprochen darauf, dass von einigen Seiten gefordert wurde, Sobotka möge wegen Befangenheit darauf verzichten.
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