Dem Land gehen zunehmend die Mediziner aus: Kassenstellen können nicht besetzt werden, Bezirkshauptmannschaften brauchen dringend Amtsärzte. Auch im LKH Leoben schlug man am Donnerstag Alarm.
„Bis zum Jahr 2006 versorgten fünf Ärzte 7000 Menschen in der Region, nun sind es nur mehr drei“, berichtet Allgemeinmediziner Norbert Kroißenbrunner. Er hat im Jänner 2021 die Praxis seines Vaters in Turnau, der in Pension ging, übernommen. Für die Gemeinde im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag war die familiäre Lösung ein Glücksfall, sonst hätte es wahrscheinlich lange düster in den Ordinationsräumlichkeiten ausgesehen.
So wie in den Nachbarorten. Die Kassenstellen in Gußwerk und Thörl sind nicht besetzt, in Kindberg wird es laut Kroißenbrunner ab 1. April soweit sein. Zuletzt waren in der Steiermark überhaupt 16 allgemeinmedizinische und neun fachärztliche Kassenstellen vakant.
„Ärztemangel“ ist das aktuelle Unwort in den steirischen Landeskrankenhäusern, massiv davon betroffen ist etwa das LKH Hochsteiermark in Leoben. Hier machte am Donnerstag Ärztekammer-Präsident Herwig Lindner in einer Runde von Spitalsvertretern seinem Ärger Luft: „Der Hut brennt - die Versorgung der Menschen ist in Gefahr!“
Offiziell fehlen im Krankenhaus der Montanstadt 34 Vollzeit-Ärzte und 38 Vollzeit-Pflegekräfte. Um die dramatische Situation zu entschärfen, forderte man unter anderem „flexible Arbeitszeiten und eine angemessene Kinderbetreuung“.
Öffentlicher Bereich sucht medizinisches Personal
Auch im öffentlichen Bereich sucht man händeringend nach medizinischem Personal. So benötigt die Justizbetreuungsagentur Ärzte für die steirischen Justizanstalten. Bezirkshauptmannschaften, etwa die Behörden Liezen, Bruck-Mürzzuschlag und Südoststeiermark, brauchen Amtsärzte. Mediziner gebe es laut Kammer genug- 47.700 in Österreich, davon mehr als 6600 in der Steiermark.
„Die Gesamtzahl ist also nicht das Problem“, diagnostiziert Lindner, „aber das öffentliche Gesundheitssystem behandelt die Ärzte schlecht“. Die Hauptkritikpunkte: mangelnde Wertschätzung und überbordende Bürokratie. Die Dokumentation der Behandlung beispielsweise gehöre freilich zum ärztlichen Beruf, „manches ginge jedoch einfacher. Angesichts der knappen Ressourcen wäre es dringend notwendig, mit der Arbeitszeit im öffentlichen Gesundheitssystem achtsamer umzugehen“, betont der steirische Ärzte-Chef.
Ärzte haben ihren Beruf gewählt, weil sie Menschen helfen wollen, gesund zu werden. Die Bürokratie-Krake macht viele aber selbst krank. weil
Herwig Lindner
Kinderarzt-Lösung für Liezen
„Es bräuchte mehr Medizinstudenten-Plätze“, bringt Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) die Ärztemangel-Problematik auf den Punkt. Deshalb bleibt sie im „Steirerkrone“-Gespräch trotz harscher Kritik der Ärztekammer dabei: Das Land zahlt 60 Studenten die Studiengebühren von jeweils 150.000 Euro für die Ausbildung an der Sigmund-Freud-Privatuniversität Wien. „Sie werden dann zehn Jahre im steirischen Spitalsbereich arbeiten - das ist ein neuer Weg, den wir beschreiten.“
Eine kreative Lösung wird es auch künftig im obersteirischen Liezen geben, wo die Zukunft der kinderärztlichen Versorgung bislang noch unter einem großen Fragezeichen stand. Wie berichtet, wurde Kinderarzt Hans Stebbegg aus der Pension in die Ordination zurückgeholt.„Wir finden niemanden, der die Stelle übernimmt. Deshalb werden Mediziner aus dem LKH Leoben, die auf Kinder- und Jugendheilkunde spezialisiert sind, künftig abwechselnd in Liezen Dienst machen und die Versorgung der Kinder gewährleisten“, kündigt Bogner-Strauß via „Krone“ an.
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