Im Schnitt um die zwei Euro, und mehr, müssen die heimischen Autofahrer zurzeit für einen Liter Benzin oder Diesel an der Tankstelle berappen. Ob der extrem hohen Energiepreise ist jetzt ein Streit um eine allfällige Senkung oder Streichung von Mehrwert- (MwSt) und/oder Mineralölsteuer (MÖSt) entbrannt. SPÖ, FPÖ und auch einige ÖVP-Politiker sind dafür, Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und das Institut für Höhere Studie (IHS) sind dagegen.
Ökonomen des IHS haben am Freitag von Mehrwertsteuersenkungen bei Benzin und Diesel abgeraten. Die Preissignale außer Kraft zu setzen, würde die Ziele, die Abhängigkeit von Öl und Gas sowie den CO2-Ausstoß zu reduzieren, konterkarieren, warnen sie. Wichtiger wären zielgerichtete, und dafür großzügige, Hilfen für einkommensschwache Haushalte, so die IHS-Experten Klaus Weyerstraß und Sebastian Koch.
Wegen der hohen Energiepreise ist auch am Freitag der Reigen von Forderungen an die türkis-grüne Regierung nicht abgerissen. Die Wirtschaftskammer Steiermark - ihr Präsident Josef Herk plädierte für ein temporäres Aussetzen der MÖSt und für eine vorübergehende Halbierung der MwSt auf Sprit - und die Arbeiterkammer OÖ verlangten eine temporäre Steuerentlastung für Treibstoffe.
Staat als „Gewinner“ bei den Spritpreisen
Ganz anders als das IHS sehen das auch die Christlichen Gewerkschafter (FCG). Dass eine Steuersenkung, und damit eine Entlastung der heimischen Haushalte, aus EU-rechtlicher Sicht nicht möglich sei, wie Ministerin Köstinger am Donnerstag behauptete, sei „blanker Unsinn und einfach nicht wahr“, kritisierte Fritz Pöltl, FCG-ÖAAB-Fraktionsvorsitzender in der Arbeiterkammer Wien. „Der eigentliche Gewinner bei den Spritpreisen ist der Staat! Also hat er jetzt auch dringenden Handlungsbedarf!“
EU-Recht sieht keine MwSt-Ermäßigung vor
Allerdings sieht die ziemlich restriktive EU-Gesetzgebung zur Mehrwertsteuer tatsächlich keine ermäßigten Sätze für Treibstoffe vor. In jedem Mitgliedsland sei der volle Mehrwertsteuersatz - in Österreich also 20 Prozent - einzuheben, bestätigte eine Sprecherin der EU-Kommission am Freitag auf Anfrage. Das bestätigte auch Europarechtsexperte Walter Obexer. Für Erdgas könnte Österreich aber den halben MwSt-Satz von zehn Prozent einführen, sagt er.
ARBÖ: Entlastungspaket jetzt unvermeidlich
Anders sieht man das naturgemäß beim Autofahrer-Klub ARBÖ. Er fordert ein Maßnahmenbündel, damit die Menschen, die auf das eigene Auto angewiesen sind, entlastet werden. „Es ist ein Leichtes, die Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer zu senken, zumindest vorübergehend. (…) Mehr denn je geht es jetzt um den Klimaschutz, nämlich den Schutz des sozialen Klimas“, so ARBÖ-Generalsekretär Gerald Kumnig.
Für ihn sind zudem die Verschiebung der CO2-Bepreisung und eine Anhebung der Pendlerpauschale für das Jahr 2022 unumgänglich. „Gerade Pendlerinnen und Pendler sind von den derzeitigen Entwicklungen betroffen, weshalb die Erhöhung der Pendlerpauschale notwendig ist“, wird Kumnig in einer Aussendung zitiert.
SPÖ und FPÖ für Steuerreduktion bei Sprit
Bereits am Donnerstagvormittag hatte sich der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) dafür ausgesprochen, „dass Steuern reduziert werden. Dabei meine ich die Mehrwert- und Mineralölsteuer in Zusammenhang mit Treibstoffen und Gas“. Zudem müsse sich die Bundesregierung überlegen, ob der Zeitpunkt für die Einführung einer CO2-Bepreisung richtig sei. Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und FPÖ-Obmann Herbert Kickl hatten sich für eine Steuerreduktion ausgesprochen.
Fakt ist: Im Jahresschnitt 2021 waren MÖSt und MWSt bei Benzin für 54 Prozent und bei Diesel für rund 49 Prozent verantwortlich. Weil zuletzt die Preise für Sprit deutlich gestiegen sind, habe sich „auch der Steueranteil um weitere 40 Prozent erhöht“, so der FCG in einer Aussendung.
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