Hermann Schützenhöfer tritt als Landeshauptmann der Steiermark zurück. Ihm war das Amt des Landeschefs nicht in die Wiege gelegt. Wie das Arbeiterkind sich nach oben gearbeitet hat.
Als im Hof des Grazer Landhauses die Blasmusik aufspielt, schwingt Hermann Schützenhöfer gelöst den Taktstock. Kurz zuvor hat ihn die schwarz-rote Abgeordneten-Phalanx zum neuen „Dirigenten“ der Steiermark gewählt.
Der Regisseur des Koalitionsdeals ist Franz Voves - zuerst politischer Gegner, dann enger Freund. Denn die beiden Reformpartner boxten umstrittene Neuerungen - Stichwort Gemeinde-Zusammenlegungen und Kleinschul-Schließungen - gemeinsam durch. Der Widerstand dagegen schweißte zusammen.
Hermann Schützenhöfer ist ein wertvoller Brückenbauer für den politischen Kompromiss.
Franz Voves, früherer Landeshauptmann der SPÖ
2015 am Zenit der Polit-Laufbahn
Im Juni 2015 kommt das Land also nach zehn Jahren roter Führung wieder in schwarze Hand, obwohl die ÖVP bei der vorangegangenen Landtagswahl nur als Zweite ins Ziel ging. Aus Angst vor Schwarz-Blau habe die SPÖ „die Hosen heruntergelassen“, polterte die rote Gewerkschaft damals.
Die ÖVP bejubelt den cleveren Schachzug ihres Chefs. Der damals 63-Jährige ist am Zenit seiner politischen Laufbahn angekommen: „Als Kind eines Arbeiters war mir das nicht in die Wiege gelegt.“
Triumph bei vorgezogener Wahl
Den Makel von 2015 korrigiert er vier Jahre später. Sebastian Kurz ist zu jener Zeit eine „Leuchtrakete“ (© Schützenhöfer), „Schützi“ nutzt den Rückenwind und lässt - gegen den Willen des Koalitionspartners - früher wählen. Die Taktik geht erneut auf, die ÖVP erringt Platz 1.
Geld gab es am ersten Sonntag im Monat
Schützenhöfer wird im Februar 1952 im niederösterreichischen Edlitz geboren. Hier führt sein Vater die Landwirtschaft der Pfarre. 1966 zieht die Familie in die alte steirische Heimat nach Kirchbach, wo der junge Hermann im Kaufhaus Marbler die Lehre absolviert. „Am ersten Sonntag des Monats steckte mir der Chef, wenn das Geschäft gut ging, einen Zwanziger zu. Das war viel Geld damals.“
Von der JVP-Zeitung ging es in die Politik
Über die Zeitung „Orizont“ der Jungen ÖVP, wo er als Nachwuchs-Journalist anheuert, kommt Schützenhöfer 1970 zur Partei - und zu seiner großen Liebe. Marianne arbeitet als Mitarbeiterin im JVP-Sekretariat, 1979 wird am Pöllauberg geheiratet. Da ist Schützenhöfer bereits Landessekretär des ÖAAB.
Über die Arbeitnehmer-Organisation zieht der damals 29-Jährige 1981 auch in den Landtag ein - und von da an ist der Beruf „Politiker“ einzementiert. 1994 steigt der Abgeordnete zum Klubobmann auf. Sechs Jahre später sitzt er bereits als Personallandesrat in der Landesregierung.
Als die ÖVP die Steiermark „verlor“
2. Oktober 2005: ein bitterer Tag für die Landesschwarzen. Nach der Landtagswahlschlappe nimmt Waltraud Klasnic den Hut, Schützenhöfer soll die zerstrittene und krisengebeutelte Partei wieder einen. Zuerst zögert er. Erst als ihm sein politischer Ziehvater und väterlicher Freund Franz Wegart den „Einberufungsbefehl“ diktiert, übernimmt er das ÖVP-Ruder - und den Sessel als steirischer Vize-Landeshauptmann.
Schau den Leuten in die Augen, wennst mit ihnen redst, schau ihnen aufs Maul, aber red ihnen nicht nach dem Mund. Und vergiss auf die kleinen Leut nicht!
Der legendäre Landeschef Josef Krainer senior zum jungen Schützenhöfer
ÖVP-Chef ist oft im Clinch mit seiner Bundespartei
Einer, der nicht als Quereinsteiger mitmischt, sondern die „Ochsentour“ auf sich nahm und sich mit Ausdauer über Ämter und Funktionen nach oben arbeitete, wird auch in Wien gehört. Oft ist er im Clinch mit der Bundespartei, zankt mit ihren jeweiligen Obleuten.
In der Corona-Zeit ist Schützenhöfer als einer der erfahrensten Politiker Österreichs Tonangeber und Maßnahmen-Hardliner. Er hadert, dass ihm der Lockdown (Amts-)Zeit, die er lieber auf Dorffesten und bei den Leuten draußen verbracht hätte, gestohlen hat. Nach Kurz’ Rücktritt holt er die Macht, die die türkise Truppe den Bundesländern entzogen hat, wieder zurück. Am Höhepunkt der Polit-Karriere tritt er jetzt zurück.
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