Acht Prozent Inflation - die höchste Teuerung seit der Ölkrise in den 1970er-Jahren. Die Regierung ist gefordert - nicht wenige meinen: überfordert. Es gibt Beratungen zwischen Regierung und Sozialpartnern, ein Entlastungspaket muss her. Und zwar rasch.
Es ist das Gebot schwerer Stunden. Auch der Mittelstand ist schon erfasst. Lebensmittel, Wohnen, Sprit. Es gibt Forderungen nach Deckelungen und Einfrieren von Mieten. Auch die Pensionisten fühlen sich im Diskurs vernachlässigt.
SPÖ-Vertreter Peter Kostelka war am Mittwoch bei den Verhandlungen dabei. Er sagt: „Die Regierung ist ohne konkreten Plan gekommen.“ Motto: Nichts entschieden, alles offen. Kostelka: „Bis Herbst warten heißt, die Pensionisten im Stich lassen.“ Fix ist: CO2-Bepreisung und Klimabonus kommen im Oktober. Heftig diskutiert. Joel Tölgyes vom Momentum-Institut: „Mit der Verschiebung riskiert man, dass die Menschen weiter mehr als nötig am Auto hängen.“
Bis Herbst warten heißt, die Pensionisten im Stich lassen.
Peter Kostelka
Ähnlich sehen es Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller oder Ökonom Stephan Schulmeister, der im Sinne des Klimawandels rasches Agieren fordert.
Kritik von Opposition und der Gewerkschaft
Vieles ist jedoch noch unausgegoren. Es wird noch um eine Lösung gerungen. Es gibt viele offene, wichtige Fragen: Kommt es zu Anpassungen oder Einmalzahlungen bei Sozialleistungen? Hier gibt es durchaus verschiedene Zugänge der Koalitionspartner.
Die Gewerkschaft fordert „sofortige Preissenkungen bei Energie, Wohnen, Lebensmitteln und Mobilität“. Die Opposition kritisiert die Regierung wegen Inaktivität. Auch auf der Metaebene. Kalte Progression, ein besonders heißes Terrain seit Jahrzehnten. Für den Agenda-Austria-Chef die „geheime Geliebte des Finanzministers“. Dieser heißt Magnus Brunner und will sich ihrer entledigen. Sollte es bis 2025 nicht so weit sein, dann dürfen die Steuerzahler weitere 14 Milliarden dafür bezahlen.
Vor- und Nachteile für verschiedene Ideen zur Entlastung der Österreicher:
CO2-Bepreisung: Wie sinnvoll ist Verschiebung?
Pro: Die Verschiebung bringt Entlastung mitten in der Teuerung, die die Menschen ohnehin schon schwer trifft.
Contra: Verspäteter Einsatz der Maßnahme gegen den Klimawandel ist laut Experten ein problematisches Signal.
Kosten: Laut Berechnungen bedeutet der Einstiegssatz von 30 Euro pro Tonne einen Preisanstieg von rund 9 Cent je Liter für Treibstoff.
Die Einführung des Klimabonus für alle?
Pro: Erhöhung von 100 auf 250 Euro. Und zwar für alle österreichweit. Das ist eine ordentliche Steigerung.
Contra: NGOs kritisieren die Verschiebung, Experten wie Joel Tölgyes (Momentum) plädieren für soziale Staffelung.
Kosten: Laut Agenda Austria bei 250 für alle und 120 für Bis-18-Jährige: 2,03 Milliarden Euro pro Jahr.
Indexierung von Sozialleistungen?
Pro: Anpassung verleiht eine Art von Sicherheit. Immer mehr Menschen driften in die Armut bzw. können sich das Notwendigste kaum leisten.
Contra: Mehr Kosten für den Staat. Die Kanzlerpartei ist gegen Indexierung. Die Grünen dafür.
Kosten: An Teuerung angepasste Zuschüsse sind in Verhandlung. Prognosen über Kosten also noch nicht möglich.
Einmalzahlung für Sozialhilfeempfänger?
Pro: Die Kosten für den Staat sind leichter ausrechenbar und bringen unmittelbare Hilfe.
Contra: Ökonom Tölgyes: „Einmalzahlungen helfen zwar, aber in Zeiten von Teuerung schon wieder zu wenig, solange sie mit Verspätung ausbezahlt werden.“ Es brauche höhere und verlässlichere monatliche Zahlungen.
Kosten: Abhängig von der Höhe der etwaigen Leistungen.
Mehrwertsteuer auf Lebensmittel senken?
Pro: Vorschlag von der SPÖ, dem auch die Grünen etwas abgewinnen können. Experten halten temporäre Senkung bei Grundnahrungsmitteln für sinnvoll.
Contra: Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hält dies für nicht treffsicher. Tatsächlich würde die Senkung nicht nur den armen Menschen zugutekommen.
Kosten: Wie stark soll die Senkung sein? Und wer leistet die Kompensationen?
Spritpreisobergrenze einführen?
Pro: Entlastung vor allem für die vielen Pendler. In Ländern wie Ungarn oder Slowenien schon geprobt. Gefordert auch in Österreich, unter anderem von der FPÖ.
Contra: Laut Agenda Austria ruinieren Obergrenzen den Markt. Von einer Spritobergrenze profitieren auch begüterte Haushalte.
Kosten: Laut Experten ohne konkrete Zahlen keine seriöse Einschätzung möglich.
Pendlerpauschale erhöhen?
Pro: Zielgerichteter als eine Spritobergrenze, von der auch jene profitieren, die trotz guter Öffi-Anbindung beim Auto bleiben.
Contra: Gießkanne. Die bereits 50-prozentige Erhöhung durch Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) sei nicht treffsicher, sagen Kritiker. Das niedrigste Einkommensviertel erhielt zuletzt nur drei Prozent des Steuerkuchens, das höchste Einkommensviertel zwölfmal so viel.
Kosten: Rund zwei Milliarden jährlich.
Verbot von Mieterhöhungen?
Pro: Einfrieren der Mietobergrenze für Kategorie- und Richtwert-Mieten bis 2025. Das fordern die Roten. Danach soll es Deckelungen geben. Viele können sich Wohnen kaum noch leisten.
Contra: Mögliche Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt generell. Anbieter könnten weniger in Instandhaltung investieren. Oder generell Objekte vom Markt nehmen.
Kosten: Lassen sich nicht abschätzen.
Indexierte Pensionsanpassung?
Pro: Pensionisten fühlen sich vernachlässigt. 2,4 Millionen, viele in prekären Verhältnissen. Eine kaufkräftige Gruppe, so sie kaufen kann.
Contra: Immer mehr Menschen in Pension. Das Antrittsalter bewegt sich kaum nach oben. Das kostet. Irgendwann wird jemand das bezahlen müssen.
Kosten: Bis 2025 muss der Bund 125 Milliarden Euro zuschießen, um die Pensionen ausbezahlen zu können.
Die kalte Progression abschaffen?
Pro: Ein ewiges Thema: Für den Finanzminister bedeutet die kalte Progression Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe. Für die Bürger enorme Zusatzbelastung.
Contra: Den niedrigeren Einkommen kommt die Abschaffung kaum zugute, da sie oft keine oder nur wenig Lohnsteuern zahlen.
Kosten: Von 2022 bis 2025 erhält der Staat 14 Milliarden zusätzlich dank der schleichenden Steuererhöhung.
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