Unter wachsendem Druck von ÖVP-Landeshauptleuten rückt offenbar eine Entlastung der Stromkunden näher. Bundeskanzler Karl Nehammer hat Finanzminister Magnus Brunner (beide ÖVP) damit beauftragt, eine Deckelung bei der Stromrechnung zu prüfen. Der Vorschlag kam vom Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Gabriel Felbermayr. Auch Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) begrüßte den Vorschlag.
Die Auseinandersetzung um eine Entlastung der Stromkunden in den Haushalten hatte sich vergangene Woche zugespitzt. Nachdem der Bundeskanzler die Forderung der SPÖ nach einem Strompreisdeckel im Nationalrat abgeschmettert hatte, forderte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eine „klare Entscheidung“ der Bundesregierung zu einer Preisdeckelung.
„Darf keine Dogmen geben“
Am Samstag verlangte auch der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) erneut eine Kurskorrektur. Er machte sich - wie der Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig - in einem Interview für einen Dialog der Bundesregierung mit den Bundesländern und der Energiewirtschaft stark. In Krisensituationen dürfe es „keine Dogmen“ geben.
Jetzt lenkt der Bundeskanzler offenbar ein. Nehammer bewerte die Idee Felbermayrs als „interessant“, ließ das Bundeskanzleramt die „Wiener Zeitung“ und die „Kleine Zeitung“ wissen. „Ich habe immer gesagt, dass es keinerlei Denkverbote gibt, wenn es um die Entlastung der Menschen von hohen Energiepreisen geht“, ebnete der Regierungschef den Weg in Richtung eines Kompromisses.
Finanzminister Brunner soll zunächst „genau prüfen“ und mit dem WIFO-Chef Berechnungen über die Wirksamkeit seines Vorschlages und die Kosten des Plans erstellen. Über das Ergebnis werde im Krisenkabinett beraten. Gegenüber der APA erklärte der Finanzminister, dass er bereits in Gesprächen mit Felbermayr und Experten der Energie-Wirtschaft sei. Der WIFO-Vorschlag sei jedenfalls „auf den ersten Blick zielführender“ als ein nationaler Preisdeckel.
Hilfe soll bei Haushalten ankommen
Felbermayr hatte dafür plädiert, angesichts des explodierenden Preises den Haushalten bei der Stromrechnung unter die Arme zu greifen. Für einen Teil soll es günstigere Konditionen geben, für den Rest soll man den höheren Marktpreis zahlen. Den Vorschlag bewertete Gewessler im „Krone“-Interview als „sehr gut“. So komme die Hilfe bei den Haushalten an, so die Energieministerin.
Auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian schlägt für einen Grundbedarf an Gas und Strom einen gedeckelten Preis und für alles, was darüber liegt, marktübliche Preise vor. Katzian legte bereits konkrete Zahlen auf den Tisch. Für einen Grundbedarf an Strom, mit dem ein Haushalt etwa kochen oder Wäsche waschen könne, solle es einen gedeckelten Preis von 20 Cent pro Kilowattstunde geben. „Das liegt knapp über dem Niveau vor dem Krieg, aber noch deutlich unter dem, womit im Herbst zu rechnen ist“, so der ÖGB-Präsident.
ÖGB: 600 Euro pro Jahr für Strom
Katzian führt auch Beispiele an: Für einen zweiköpfigen Haushalt, der geschätzt 3000 Kilowattstunden Strom im Jahr verbraucht, käme man laut seinem Modell inklusive der Leitungsgebühr auf Stromkosten von 600 Euro brutto im Jahr. Beim Gas soll die Obergrenze bei acht Cent pro Kilowattstunde liegen. Bei einem Bedarf von rund 9800 Kilowattstunden Gas für eine 70-Quadratmeter-Wohnung ergebe die Rechnung hier maximal 784 Euro brutto.
Die Kosten beziffert der ÖGB - unter der Annahme, dass sich die Energierechnungen verdoppeln - beim Gas mit rund einer dreiviertel Milliarde Euro und beim Strom mit rund zwei Milliarden Euro jährlich. Als Finanzierung bzw. Kompensation, die der Staat den Unternehmen überweisen könne, schlägt der ÖGB-Präsident eine Steuer auf krisenbedingte Übergewinne der Energiekonzerne vor.
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