SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner hat in der Sondersitzung im Nationalrat am Mittwoch mit Nachdruck Neuwahlen gefordert. Die Bundesregierung habe weder Plan noch Strategie zur Bewältigung der „Vielzahl an Krisen“, bemängelte sie. Die Folge der zahlreichen Skandale rund um die Volkspartei sei, „dass die ÖVP mehr damit beschäftigt ist, ihre eigene Haut zu retten, als das Land in dieser schweren Zeit zu führen“, kritisierte Rendi-Wagner. Der Antrag der SPÖ auf Neuwahlen fand aber wie erwartet keine Mehrheit.
Die SPÖ-Chefin sprach von „einer noch nie da gewesenen politischen Schamlosigkeit“ und „Unanständigkeit“ der ÖVP. Sie forderte die Regierungsparteien auf, den Weg freizumachen: „Klammern Sie sich nicht länger an Ihre Regierungsfunktionen.“ Rendi-Wagner zeigte sich somit unbeeindruckt von Kanzler Karl Nehammers Rede, in der er Korruptionsvorwürfe gegen die ÖVP zurückgewiesen hatte - untermalt war sein Auftritt auf der Regierungsbank von zahlreichen Zwischenrufen aus den Reihen der Opposition.
„Zehn Gebote wurscht“
Zuvor hatte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried in der Debatte den Dringlichen Antrag seiner Fraktion begründet. Er berief sich auf Moral und Anstand und erinnerte daran, dass die ÖVP sich christlich-sozial nenne. Wenn sie sich rein auf das Strafrecht berufe, dann wären ihr auch „siebeneinhalb der zehn Gebote aus der Bibel wurscht“. „Zumindest der Herr Schmid hat sich an das vierte gehalten, du sollst deine Mutter ehren“, meinte er in Anspielung auf die Aussagen des früheren Finanz-Generalsekretärs Thomas Schmid, der Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz und andere ranghohe Türkise vor der Staatsanwaltschaft massiv belastet und den Tadel seiner Mutter als Motivation dafür genannt hat.
Gewohnt deftig ging es FPÖ-Chef Herbert Kickl an. Er erkannte in Nehammers Rede bloß „Süßholz-Gerasple“ und ein „Abschütteln der Verantwortung, Kindesweglegung, Abputzen, Ablenken und eine unglaubliche Wehleidigkeit“. Am Ende der juristischen Aufarbeitung werde „sich zeigen, ob die ÖVP eine kriminelle Organisation ist“, meinte der freiheitliche Parteichef, aber „das Problem ist Ihre hochgradige moralische Verwahrlosung“, „dass Sie nicht wissen, was sich gehört und was nicht“. Für den von Schmid belasteten Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP), der hinter ihm den Vorsitz führte, zupfte Kickl außerdem eine Rote Karte aus dem Sakko.
„ÖVP ist vielleicht ein Korruptionsproblem“
Das Vertrauen in die Politik sei im Keller, meinte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, die ÖVP reiße auch alle anderen mit in den Abgrund. Der Wahlsieg der ÖVP sei „getürkt und erkauft“, forderte auch Meinl-Reisinger einmal mehr Neuwahlen. „Die ÖVP hat ein Korruptionsproblem und ist vielleicht ein Korruptionsproblem.“ Parteikollegin Stephanie Krisper - Fraktionschefin der NEOS im U-Ausschuss - erklärte dazu: „Wir verstehen unter dem Untersuchen nicht Köpferollen - denn bei einer Hydra bringt das nichts. Wir fordern Reformen.“ Sie thematisierte auch die Covid-Finanzierungsagentur COFAG, die von Grund auf nur konzipiert worden sei, „um die Kontrolle zu erschweren“.
Anträge der NEOS zur Korruptionsbekämpfung blieben aber wie ähnliche Anträge der SPÖ in der Minderheit. Auch der rote Antrag auf Neuwahlen fand schlussendlich nur die Zustimmung von SPÖ und NEOS und wurde damit abgelehnt. Mit ihrem Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung blieben die Freiheitlichen allein - für Verwunderung sorgt bei manchen Beobachtern, warum hier die anderen Oppositionsparteien nicht mitzogen. Auch mehrere Anträge, der Regierung Fristen für Regierungsvorhaben zu setzen, scheiterten am Nein von ÖVP und Grünen.
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