„Entwurf einstampfen“

Opposition zerpflückt „hingerotztes“ Krisen-Gesetz

Politik
17.11.2022 12:31

Die Opposition zerpflückt den von der Regierung vorgelegten Entwurf zum Krisensicherheitsgesetz. Ein Jahr habe „Funkstille“ geherrscht, nun gebe es einen „hingerotzten“ Text, der vor inhaltlichen und technischen Fehlern nur so strotze, kritisierten die drei Parteien SPÖ, FPÖ und NEOS bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag. Sie wollen dem Entwurf so nicht zustimmen. Die Regierung ist aber auf Stimmen aus der Opposition angewiesen.

Vergangene Woche hatte die Regierung das neue Krisensicherheitsgesetz präsentiert - rund ein Jahr nach der Ankündigung. Kernpunkte sind die Definition von Krise, die Errichtung eines Lagezentrums, die Bestellung eines Krisenkoordinators und die Koordination zwischen allen Akteuren. Zum Teil handelt es sich um Verfassungsmaterien, für die es im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit braucht. Zumindest SPÖ oder FPÖ müssten also mit ÖVP und Grünen mitstimmen.

„Von Anfang an ein Murks“
Die Opposition machte am Donnerstag aber geschlossen klar, dass es die Zustimmung so nicht geben werde. An keinem der Kernpunkte ließen SPÖ, FPÖ und NEOS ein gutes Haar. Nach einem langen Prozess werde nun schlechte Qualität vorgelegt, bemängelte SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner. Das Gesetz sei „von Anfang an ein Murks“ gewesen und nach einem Jahr „noch schlechter geworden“. Man sei auch überhaupt nicht eingebunden gewesen, vom neuen Entwurf habe man aus den Medien erfahren, diese Vorgangsweise sei „eine Frechheit“, betonte der freiheitliche Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer.

„So kann man nicht arbeiten“ - unisono kritisiert die Opposition den Enwurf als dilettantisch. (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
„So kann man nicht arbeiten“ - unisono kritisiert die Opposition den Enwurf als dilettantisch.

Inhaltlich sei die neue Vorlage „untauglich“ für den Krisenfall, sagte Einwallner. Die Definition von Krise im Entwurf sei unklar, denn es werde nicht deutlich, was eine Krise sei, wann sie beginne oder ende. Bemängelt wird auch die Rolle des Bundesheers. Dieses werde „zum Inlandsarbeitsdienst degradiert“, so Amesbauer. NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos meinte gar, man schaffe das Bundesheer „durch die Hintertür ab“. Jeder Cent fürs Heer müsste künftig für Bevorratungen, etwa von Wasserkanistern, verwendet werden. Das sei „dilettantisch“ und für die Sicherheit gefährlich. Insgesamt sei der Entwurf „amateurhaft“ und „schleißig heruntergeschrieben“ worden, kritisiert Hoyos.

„Keine klare Verantwortung“
Die Opposition vermisst auch klare Verantwortlichkeiten, die beim Bundeskanzler zusammenlaufen. Stattdessen sei nur ein „Regierungsberater“ ohne klare Kompetenzen vorgesehen. Es gehe darum, jetzt einen Posten zu schaffen, der dann als „Sündenbock für das Versagen der Bundesregierung in den nächsten Monaten“ herhalten könne, vermutet Hoyos. Man brauche klare politische Verantwortung, etwa durch ein im Kanzleramt angesiedeltes Staatssekretariat, forderte Amesbauer.

Sein SPÖ-Kollege Einwallner ortet eine „viel zu starke Machtkonzentration im Innenministerium“ im Krisenfall, das sei „falsch und unverantwortlich“. Der geplante Bunker, der dort gebaut werden soll, koste statt 27 plötzlich 50 Millionen Euro, Alternativen etwa bei vorhandener Infrastruktur seien erst gar nicht geprüft worden, tadelt Einwallner. Die Rolle des Parlaments sei sehr klein und nur zum „Abnicken“, solle doch offenbar im Krisenfall mit Verordnungen regiert werden, die lediglich eine einfache Mehrheit im Hauptausschuss brauchen, kritisierte Amesbauer. Hätte der frühere blaue Innenminister Herbert Kickl zu einer solch wichtigen Materie ein Gesetz vorgelegt, hätte es den Vorwurf des „Polizeistaates“ gegeben, meinte der FPÖ-Politiker.

Nationaler Sicherheitsrat nicht erwähnt
Im Zuge des neuen Gesetzes müsse die mehr als zehn Jahre alte Sicherheitsstrategie überarbeitet werden, fordert die Opposition. Auch solle geprüft wird, ob der Nationale Sicherheitsrat noch zeitgemäß ist. So müsse man eine Aufwertung des Gremiums überlegen, das aktuell hauptsächlich für die „mediale Show“ genutzt werde. Der Sicherheitsrat, der in Krisenfällen die Brücke zwischen Regierung und Nationalrat darstelle, werde im Entwurf aber gar nicht erwähnt.

Entwurf für das Lagezentrum, das im Innenministerium errichtet werden soll (Bild: APA/WEHOFER ARCHITEKTEN)
Entwurf für das Lagezentrum, das im Innenministerium errichtet werden soll

Am Donnerstagnachmittag soll mit den Regierungsfraktionen über Änderungen am Gesetz verhandelt werden. Eine baldige Lösung zeichnet sich nicht ab. Denn gute Ansätze würden sich kaum finden, so der Tenor der Opposition. So werde auch nicht klar definiert, wo zentrale Informationen zusammenlaufen sollen - ein wichtiger Punkt, um belastbare Daten zu bekommen, wie man in der Corona-Pandemie gesehen habe. „Eigentlich muss man den Entwurf einstampfen und neu anfangen“, erklärte NEOS-Politiker Hoyos. Geht es nach der Opposition, muss das Vorhaben von Grund auf überarbeitet werden - „wir helfen gerne“, bot SPÖ-Sicherheitssprecher Einwallner an.

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