Österreichische Abgeordnete übernehmen Patenschaften für 183 im Iran inhaftierte, teils zum Tode verurteilte Personen. Mit der Aktion und Schreiben an den iranischen Botschafter in Wien sowie Abgeordnete im Iran wollen die Mandatare von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS internationale Aufmerksamkeit für die Gefangenen erreichen, wie sie am Dienstag erklärten. Die FPÖ beteiligt sich nicht an der Aktion.
Nachdem der Nationalrat die Verhängung der Todesstrafe im Zusammenhang mit den Protesten im Iran einstimmig verurteilt hat, seien die vier Parteien der Ansicht, „dass wir dem Antrag Nachdruck verleihen müssen“, erklärte der außenpolitische Sprecher der ÖVP, Reinhold Lopatka. Da die FPÖ-Abgeordneten keine Patenschaften übernehmen wollten, springen 31 Bundesratsabgeordnete ein, um trotzdem auf die Zahl 183 zu kommen.
Hinrichtungen stoppen - „eine Minute vor 12“
Es gehe primär darum, die Welle von Hinrichtungen zu stoppen - es sei bereits „eine Minute vor 12“, sagte Harald Troch von der SPÖ. Das Parlament komme seiner Verantwortung nach, allerdings fehle eine Informationspolitik durch die Bundesregierung bezüglich der Aktivitäten der österreichischen Botschaft im Iran. Troch erinnerte außerdem an den seit Jahren im Iran inhaftierten österreichisch-iranischen Doppelstaatsbürger Kamran Ghaderi und forderte das Außenministerium auf, sich für eine schnelle Enthaftung einzusetzen.
„Internationale Aufmerksamkeit bedeutet Schutz“
„Internationale Aufmerksamkeit bedeutet Schutz für Gefangene, das ist das wirksamste Mittel“, begründete die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer die Aktion. „Die Barbarei des iranischen Regimes“ sei nicht hinnehmbar, die Mandatare würden daher regelmäßig Auskunft über den Verbleib der Inhaftierten einfordern. Maurer selbst hat die Patenschaft für die Journalistin Niloufar Hamedi übernommen, die wegen ihrer Berichterstattung über den Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini in Polizeigewahrsam festgenommen wurde.
Brandstätter Pate für Rapper
NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter ist Pate für den iranischen Rapper Toomaj Salehi. Dem prominenten Musiker werden nach Videos, in denen er zur Teilnahme an den Protesten aufrief, gemäß islamischer Rechtsauffassung „Krieg gegen Gott“ und „Korruption auf Erden“ vorgeworfen. Beide Vorwürfe können ein Todesurteil nach sich ziehen. Ein Menschenrechtsanwalt habe ihm erklärt: „Es gibt nur eine Chance, sein Leben retten, das ist internationaler Druck“, sagte Brandstätter.
FPÖ: „Vollkommen wirkungslose Selbstinszenierung“
Die FPÖ bezeichnete die Aktion dagegen als „vollkommen wirkungslos“. Es stehe zu befürchten, „dass sie zur scheinheiligen Selbstinszenierung genutzt wird und den betroffenen Inhaftierten, die so von außen in ihrem Heimatland ins Scheinwerferlicht der Behörden gestellt werden, sogar zum Nachteil gereichen“, sagte die Menschenrechtssprecherin der Partei, Susanne Fürst. Viel wichtiger wäre es nach Ansicht der FPÖ, etwa die Verhandlungen über das Atomabkommen mit dem Iran in Wien voranzutreiben.
Zwei Hinrichtungen vollzogen, zahlreiche weitere könnten folgen
Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten wurden bisher mindestens 18.000 Teilnehmer der seit bald drei Monaten anhaltenden systemkritischen Demonstrationen im Iran festgenommen. Zwei Demonstranten wurden in den vergangenen Wochen hingerichtet, mindestens 23 weiteren drohen Medienberichten zufolge die Vollstreckung der Todesstrafe.
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