Wegen hoher Preise

Im Nationalrat fliegen Fetzen: „Treten Sie zurück“

Politik
12.05.2023 13:47

SPÖ und FPÖ fordern die türkis-grüne Regierung zum Rücktritt auf. Die Regierung um Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) reagiert ungerührt - und spricht von „Scheinheiligkeit“.

Im Nationalrat fliegen am Freitag aufgrund anhaltend hoher Preise die Fetzen. Die SPÖ hat bei einer Sondersitzung zur Teuerung scharfe Angriffe gegen die türkis-grüne Regierung geritten und einen Misstrauensantrag eingebracht: „Herr Bundeskanzler, Sie haben die Bevölkerung im Stich gelassen. Ich erwarte mir von Ihnen und Ihrer Regierung nichts mehr - außer Ihren Rücktritt“, meinte Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner.

(Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)

Die SPÖ-Chefin glaube den Grünen, dass „sie sich unwohl fühlen“ in dieser Koalition: „Aber das reicht nicht. Aus Angst halten Sie fest an der Koalition mit der ÖVP. Damit machen Sie sich zu Komplizen. Irgendwann, liebe Grüne, ist es genug. Und irgendwann ist jetzt.“ Rendi-Wagner las für ihre Argumentation auch einen „Krone“-Kommentar von Michael Pommer vor (siehe Tweet unten).

Kanzler Nehammer reagierte ungerührt: „Wenn die Regierung etwas bewiesen hat - sie ist widerstandsfähig.“ Begonnen habe die Regierung mit dem Motto „Das Beste aus zwei Welten“, herausgekommen sei ein „Albtraum für das Land“, tönte Rendi-Wagner zu Beginn der Debatte. Die Koalition habe Österreich in die Hoffnungslosigkeit getrieben: „Man kann sich von Ihnen nichts mehr erhoffen.“

Rendi-Wagner: SPÖ würde bei Mieten eingreifen
Selbst mit dem jüngsten Paket werde kein einziger Preis gesenkt, tadelte die Klubobfrau. Wenn Menschen Rechnungen nicht mehr bezahlen könnten und die Mittelschicht abzurutschen drohe, allerspätestens dann müsse der Staat in einen nicht mehr funktionierenden Markt eingreifen. Das sei Aufgabe der Politik: „Das nennt man soziale Marktwirtschaft.“

Ginge es nach der SPÖ, bräuchte es ein rasches Paket. So sollten die Richtwerterhöhungen zurückgenommen und alle Mieten bis 2025 eingefroren werden. Darüber hinaus will Rendi-Wagner eine „schlagkräftige“ Anti-Teuerungs-Kommission. Ihr „Dringlicher Antrag“ wurde von der Regierung und NEOS abgelehnt. Das gleiche Schicksal ereilte die Misstrauensanträge von SPÖ und FPÖ.

Auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger beschuldigt die Regierung, die Inflation mit einer „Gießkannen-Politik“ nicht gebremst, sondern entfacht zu haben. Sie fordert nun eine Einsparung bei Lohnnebenkosten.

Beate Meinl-Reisinger im Nationalrat (Bild: APA/ROBERT JAEGER)
Beate Meinl-Reisinger im Nationalrat

Nehammer verweist auf Kaufkraft
Kanzler Nehammer wollte sich seine Politik im Gegenzug nicht schlechtreden lassen. Immerhin sei die Arbeitslosigkeit gering und es sei gelungen, die Kaufkraft zu erhalten. Zudem seien schon jetzt die Gasspeicher mit Blick auf den kommenden Winter zu 60 Prozent gefüllt.

FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht im Verweis auf eine gestiegene Kaufkraft einen „Ausdruck von Dummheit“: „Welcher PR-Berater hat Ihnen das ins Manuskript geschrieben?“, fragte er Richtung Nehammer. Es gehe um „Armut und nicht um Kaufkraft“.

Kickl sieht durch die Preispolitik der Regierung eine „Spur der Verwüstung“ und „faule Früchte“. Die beschlossenen Maßnahmen beschreibt er als „Flickwerk“. Die FPÖ würde Mehrwertsteuersenkungen und Mietbremsen „noch heute umsetzen“. Es gebe eine Maßnahme, die die Inflation sofort drücken würde, beschließt Kickl seine Rede: „Treten Sie zurück.“

Maurer spricht von „Scheinheiligkeit“
Grünen-Klubobfrau Sigi Maurer ortete in ihrer Rede „Scheinheiligkeit“ am Rednerpult im Nationalrat. In Richtung Kickl rief sie: „Es ist heuchlerisch, so zu tun, als würden Sie sich für arme Menschen einsetzen.“ Die FPÖ lüge den Menschen ins Gesicht. Blaue Sozialpolitik „richtet sich nach unten“, das hätte die FPÖ in Regierungen in den Ländern und im Bund bewiesen.

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Packen Sie Ihren Misstrauensantrag einfach wieder ein, und beteiligen Sie sich konstruktiv.

ÖVP-Klubchef August Wöginger möchte Fleißige belohnen. (Bild: APA/TOBIAS STEINMAURER)

ÖVP-Klubobmann August Wöginger

Die Regierung diene Nehammer zufolge weiter den Österreichern, um gegen die Teuerung anzukämpfen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass der Wirtschafts- und Industrie-Standort ein attraktiver bleibe. Ansetzen will der Regierungschef neuerdings bei den Energiekonzernen. Denn die Großhandelspreise seien längst zurückgegangen: „Das Problem ist, das wurde nicht weitergegeben.“ Daher müssten alle Energie-Unternehmen, die weiter so handelten, eine Übergewinn-Steuer bezahlen.

ÖVP-Klubobmann attackiert SPÖ
ÖVP-Klubobmann August Wöginger forderte die SPÖ auf, ihren Misstrauensantrag im Wiener Rathaus einzubringen. Dort habe Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gerade die Kosten für Essen für Kinder erhöht. In Wien werden ab Herbst die Essens- und Betreuungskosten an den städtischen Horten und Ganztagesschulen um 10,5 Prozent erhöht.

Wöginger poltert: „Packen Sie Ihren Misstrauensantrag einfach wieder ein, und beteiligen Sie sich konstruktiv.“ Er gebe zu, die Inflation sei zu hoch. Deshalb habe man weitere Maßnahmen gesetzt. Ähnlich wie Bundeskanzler Nehammer beschwört auch Wöginger einen Dominoeffekt durch die stärkere Gewinnabschöpfung im Energiesektor.

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