„Wir sind am Limit“

Land unter in der Steiermark: 50 Leben gerettet!

Steiermark
09.06.2024 08:16

In weiten Teilen der Steiermark herrscht aktuell Ausnahmezustand! Die Feuerwehr musste 50 Personen aus lebensbedrohlichen Situationen retten, das Ortszentrum von Deutschfeistritz wurde Samstagabend völlig überflutet. Im Norden von Graz bildeten sich riesige Flüsse auf den Straßen, im oststeirischen Neudau wurde ein Pflegeheim evakuiert. Und heute drohen schon wieder Unwetter.

Die Bilder und Videos aus Deutschfeistritz verbreiteten sich Samstagabend binnen Minuten: Der Übelbach trat über die Ufer und wurde zu einem reißenden Fluss, das Ortszentrum stand unter Wasser, Autos wurden gegen Hausmauern gedrückt. Einige Personen wurden in ihren Fahrzeugen eingeschlossen und von beherzten Anrainern gerettet.

Am Sonntag in den frühen Morgenstunden zog die Freiwillige Feuerwehr in einem Posting Bilanz: 300 Personen von 25 Feuerwehren standen im Einsatz, 50 Personen mussten aus lebensbedrohlichen Situationen gerettet werden. „Wir sind damit ans Limit gekommen!“ Einsatzleiter Andreas Reiter der Freiwilligen Feuerwehr Deutschfeistritz berichtet:  „Solche Dimensionen, wie das, was gestern hier passiert ist – so etwas habe ich noch nie gesehen.“

Die gute Nachricht in der Katastrophe: Nach derzeitigem Stand gibt es nur einige Leichtverletzte, so Harald Eitner, Leiter des steirischen Katastrophenschutzes. Der Sachschaden wird aber enorm und wohl erst im Laufe des heutigen Tages in seiner Dimension abzuschätzen sein.

Katastrophenschutzleiter Harald Eitner eilte am Sonntag nach Deutschfeistritz (Bild: Jauschowetz Christian/Christian Jauschowtz)
Katastrophenschutzleiter Harald Eitner eilte am Sonntag nach Deutschfeistritz

Insgesamt gehen die Pegelstände in der ganzen Steiermark zurück. Der bange Blick zum Himmel bleibt aber: Ab Sonntagmittag könnte es wieder gewittern. „Es gibt viele Verklausungen. Wenn diese bis zu den Nachmittagsstunden nicht gelöst werden, könnte es kritisch werden“, so Eitner zur „Krone“.

Zitat Icon

Bisher gibt es keine Schwerverletzten und wir mussten auch kein Menschenleben beklagen.

Harald Eitner, Leiter des Katastrophenschutzes

Zivilschutzalarm aufgehoben
Doch nicht nur in Deutschfeistritz waren die Feuerwehren extrem gefordert. In Eggersdorf, Weinitzen und Teilen von Graz wurde Zivilschutzalarm gegeben – dieser wurde mittlerweile aufgehoben. Die Stadt Graz warnt dennoch eindringlich: „Bitte meiden Sie derzeit trotzdem unbedingt offene Gewässer sowie Keller, Tiefgaragen und Unterführungen!“

Der Schöcklbach ist noch immer bedrohlich angeschwollen. (Bild: Marcus Stoimaier)
Der Schöcklbach ist noch immer bedrohlich angeschwollen.
Die Grazer Feuerwehren stehen auch am Sonntag noch im Dauereinsatz, hier ein Bild aus der Radegunder Straße in Andritz. (Bild: Marcus Stoimaier)
Die Grazer Feuerwehren stehen auch am Sonntag noch im Dauereinsatz, hier ein Bild aus der Radegunder Straße in Andritz.
Bilder der Verwüstung in Graz-Andritz. (Bild: Marcus Stoimaier)
Bilder der Verwüstung in Graz-Andritz.
Bilder der Verwüstung in Graz-Andritz. (Bild: Marcus Stoimaier)
Bilder der Verwüstung in Graz-Andritz.

Die Radegunderstraße im Grazer Norden ist nach einem Hangrutsch gesperrt. An der Kreuzung Pfanghofweg hatte sich in der Nacht auf Sonntag ein riesiger Fluss gebildet. In Andritz waren die Einsatzkräfte am Sonntagmorgen mit Aufräumarbeiten beschäftigt: Keller mussten ausgepumpt und Schlamm von den Straßen geschaufelt werden.

Haarscharf blieben die Bewohner dieses Hauses und ihre Nachbarn von der Mure verschont. (Bild: zVg)
Haarscharf blieben die Bewohner dieses Hauses und ihre Nachbarn von der Mure verschont.

Riesiges Glück hatten Bewohner auf einem Berg in Übelbach, dem Nachbarort von Deutschfeistritz. Ein Erdrutsch donnerte nur Zentimeter an Häusern vorbei. Wo einst die Straße war, zeigt sich nun ein riesiger Krater.

Pflegeheim evakuiert
Als zweiter Hotspot neben der Region nördlich von Graz kristallisiert sich der Bezirk Hartberg-Fürstenfeld und hier insbesondere das Einzugsgebiet der Lafnitz heraus, so Eitner. In Neudau musste ein Pflegeheim mit 40 Bewohnern evakuiert werden. Bio-Bauer Jakob Hackl aus Burgau musste außerdem einige seiner Sonnenschweine vor den Wassermassen retten. Auch in Deutschfeistritz können 18 Menschen noch nicht in ihr Zuhause zurück.

Jakob Hackl am Heimweg nach der Evakuierung seiner Sonnenschweine. (Bild: zVg)
Jakob Hackl am Heimweg nach der Evakuierung seiner Sonnenschweine.
Die Verbindungsstraße zwischen Burgau und Neudau ist unbefahrbar. (Bild: zVg)
Die Verbindungsstraße zwischen Burgau und Neudau ist unbefahrbar.
Heftige Überflutungen in Burgau. (Bild: zVg)
Heftige Überflutungen in Burgau.

Die Gemeinde Burgau ist aktuell wegen Überschwemmungen sogar als Ganzes eingeschlossen – keine Zufahrten sind befahrbar. Die Bezirkshauptmannschaft Hartberg versammelte sich am Sonntagvormittag für eine große Einsatzbesprechung.

Laut Landesfeuerwehrverband gab es innerhalb von 24 Stunden 358 Unwettereinsätze, 27 Menschenrettungen wurden gezählt! Neben Graz-Umgebung und Bezirke Hartberg-Fürstenfeld waren auch Weiz und der Bereich Feldbach stark betroffen. Die Bezirke Murtal und Leibnitz blieben ebenfalls nicht verschont. 

Autobahn nach Mure gesperrt
Weiterhin gesperrt ist auch die Pyhrnautobahn A9 bei Übelbach in beiden Fahrtrichtungen. Hier ging eine 1,5 Meter hohe Schlamm- und Gerölllawine nieder, auch an vier weiteren Stellen sei eine Mure auf die Autobahn abgegangen, heißt es von der Asfinag.

Murenabgang auf der Phyrnautobahn. (Bild: Asfinag)
Murenabgang auf der Phyrnautobahn.

In der Nacht arbeiteten die Mitarbeiter mit Baggern an der Beseitigung. Doch die Gefahr für Autofahrer bleibt weiterhin groß, weshalb die A9 zumindest bis Montagvormittag gesperrt sein wird. Eine Umleitung wurde über die S35 und die S6 eingerichtet.

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