EU-Folgen in Kärnten

Wahlanalyse: „Herbert Kickl wird Bonus nutzen“

Kärnten
10.06.2024 17:03

In Kärnten haben die Freiheitlichen bei der EU-Wahl stark zulegen können, sicherten sich Platz 1. Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle über die „EU-Folgen“ für die Nationalratswahl.

Das starke Kärntner Ergebnis der Freiheitlichen bei der EU-Wahl dürfte wenige überraschen, denn „Kärnten ist traditionell ein sehr starkes FPÖ-Land“, analysiert Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle im Interview mit der „Krone“. Und das werden die Freiheitlichen mit Sicherheit auch für die Nationalratswahl nutzen. „Es ist meist so, dass Spitzenkandidaten in ihrem Heimatbundesland gute Chancen haben“, so Stainer-Hämmerle. Und das spielt FPÖ-Boss Herbert Kickl in die Karten. Denn der gebürtige Radentheiner wird im Süden Österreichs vermehrt auf Stimmenfang gehen. „Da kann er mit seinem Lokalpatriotismus und dem Bonus gut punkten.“

EU-Wahl als Denkzettel
Aber; wie gut die Freiheitlichen bei der Nationalratswahl an die Erfolge dieser EU-Wahl anknüpfen können, bleibt noch offen. „Immerhin haben in einer Umfrage über 80 Prozent angegeben, dass sie bei der EU-Wahl die Bundespolitik abstrafen wollen“, analysiert Stainer-Hämmerle. Und darum dürften die Volkspartei und die Grünen in Kärnten auch so einen heftigen Denkzettel erhalten haben.

Für die Politologin ist nach der EU-Wahl vor allem eines klar: „Die Kärntner Sozialdemokraten können das schlechte Wahlergebnis als EU-Ergebnis abtun. Denn im Vergleich zur Steiermark, stehen in Kärnten heuer keine Landtagswahlen an...“

Und während Kärnten bei der EU-Wahl tiefblau eingefärbt wurde, werden die Parteien bei der Nationalratswahl in ihren Hochburgen wieder alle Kräfte mobilisieren.

Kärnthema
Warum Europa doch regional ist

Vergangenen Sonntag sei es in den Wahlzellen ja „nur“ um Europa gegangen, meinten manche zuvor – und bisweilen auch danach. Doch mitnichten! Denn wie sonst ließen sich die unterschiedlichen Ergebnisse in den Mitgliedsstaaten interpretieren? Außer als relative Zufriedenheit oder eben Unzufriedenheit mit den eigenen Regierungen. Auch Politologin Kathrin Steiner-Hämmerle ortet ein „Abstrafen der Bundespolitik“ (siehe oben) auf EU-Wahlzetteln.

Und wahrscheinlich ist es sogar noch viel regionaler. Anders kann man sich auch die spannenden Kärntner Details kaum erklären. Dass der FP-Bundesparteichef Herbert Kickl ein gebürtiger Kärntner ist, wird an den Ergebnissen ebenso wenig bewegt haben wie ein Harald Vilimsky. Da dürften schon eher das Unverständnis für Kärntens etwas zu ruhige Landespolitik und vor allem die örtlichen Bürgermeister Ausschlag gebend gewesen sein.

Und so wird der Urnengang im Herbst, wenn es um den Nationalrat – also eigentlich um Österreich als Ganzes – geht, ein noch viel interessanterer Gradmesser für die Stimmung auch in Kärnten werden.

Da müssen sich alle politischen Gruppierungen einiges einfallen lassen; Mit Abschiebungs-, Anpatzungs- und Umverteilungsthemen allein wird zu wenig zu holen sein. Und dass ein Mehr von dem, was man eh schon hat, ebenfalls kein schlüssiges Rezept sein dürfte, sieht man an den Grünen. Spannend, dass eine Partei, der die Umstände unserer Zeit eigentlich in die Karten spielen sollten, so wenig reüssieren kann. Macht also Regierungsverantwortung samt Vernunft- und Kompromiss-Zwang jegliche Ideologie und Werthaltigkeit dauerhaft kaputt? Für die Landes-Grünen nach deren Regierungsbeteiligung im Team „Kaiser 1“ und die Bundes-Grünen im Kabinett Nehammer. Oder ist es das Phänomen, dass wir tatsächlich das, wovon wir genug zu haben scheinen, nicht so zu schätzen wissen; etwa heile Umwelt und Natur?

Oder erleben wir die nächste demokratiepolitische Wellenbewegung, dass etwa nur, wer einmal richtig hinausfliegt, sich auf der Oppositionsbank derart regenerieren kann, dass er wieder zu neuen Höhenflügen ansetzen kann? Beispiele dafür gäbe es genug. Sie sind wenigstens ein Garant dafür, dass es spannend bleibt.

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