„Gute Heimat“

Islamparteien in ganz Europa auf dem Vormarsch

Politik
28.06.2024 11:24

In Österreich hat sich erstmals eine Islampartei gegründet, die in den Nationalrat einziehen will. Sie heißt IPÖ und hat ihren Sitz in Wien. Islamparteien sind in ganz Europa auf dem Vormarsch. Der Islamwissenschafter Ednan Aslan sieht darin eine Gefahr für die Demokratie und die europäischen Werte.

Bei diesen Parteien ist die Religion Kern des Programms und der entscheidende Mobilisierungsfaktor. Das sollte man als Alarmzeichen betrachten, sagt Aslan zur „Krone“. Islamische Parteien treten oft unter dem Deckmantel von Demokratie oder Menschenrechten auf, etwa die niederländische Partei „Denk“ oder in Deutschland „Dava“ und „BIG“, sie vertreten aber undemokratische Werte wie Freiheitseinschränkungen und die Unterdrückung der Frauen.

Islamische Parteien seien daher „eine Gefahr für Europa“. Besorgniserregend seien in der Politik aber auch islamistisch eingestellte Einzelpersonen in etablierten Parteien wie der SPÖ, den Grünen oder der deutschen SPD, die in Wahlkämpfen oft viel Vorzugsstimmen erhalten, so der Professor.

In Deutschland wird öffentlich für das Kalifat demonstriert. (Bild: APA/DPA/Axel Heimken)
In Deutschland wird öffentlich für das Kalifat demonstriert.

Freiheitseinschränkungen und Kopftuchzwänge als Programm
„Wenn der politische Islam eine Gefahr für Länder wie Ägypten, Jordanien oder die Türkei ist, dann auch für Europa“, so Aslan im Interview mit Jana Pasching für krone.tv (Video oben). Islamistische Organisationen zielten darauf ab, einen islamischen Staat und eine Scharia-orientierte Gesellschaft zu etablieren, dazu gehören Freiheitseinschränkungen, Kopftuchzwänge und mittelalterliche Strafmaßnahmen.

Iran, Afghanistan, Sudan und Teile der Türkei zeigten die Ergebnisse des politischen Islams: Menschen leiden und flüchten aufgrund dieser Zustände.

Aslan spricht bei krone.tv Klartext. (Bild: krone.tv)
Aslan spricht bei krone.tv Klartext.

Österreich ist „gute Heimat“ für den politischen Islam
Grundlage des politischen Islams sei eine ausgeprägte West-Feindlichkeit. Ein Europa, wie wir es kennen, könne gemeinsam mit dem politischen Islam nicht existieren. Daher sei es wichtig, diese Gefahr zu erkennen und zu bekämpfen.

Europa schaffe es aber nicht, seine Werte selbstbewusst verteidigen. Das werde vom Islam als Schwäche wahrgenommen.

Islamische Organisationen sind gut vernetzt
Aslan warnt: Österreich sei dem politischen Islam aufgrund seiner Freiheiten und der Anerkennung des Islam als Religion eine „gute Heimat“. Viele Aktivisten flüchten in Richtung Österreich. Islamische Organisationen seien aber gut vernetzt und pflegen eine enge Zusammenarbeit über kontinentale Grenze hinaus. Diese Strukturen werden zunehmend professionalisiert. 

Islamparteien in Europa

  • FREE PALESTINA PARTY (Europa)

Infolge der israelischen Offensive im Gaza-Streifen hat sich in Europa die Bewegung „Freies Palästina“ gebildet, die sich für ein Vorgehen der EU gegen Israel einsetzt. Die Bewegung begann in Frankreich und hat sich auf Deutschland, die Niederlande, Schweden, Spanien, Belgien und Griechenland ausgeweitet.

  • THE MUSLIM VOTUM (Großbritannien)

Bei den bevorstehenden Parlamentswahlen in Großbritannien gibt es eine Initiative, die muslimische Kandidaten pusht. „Wir sind eine starke, vereinte Kraft von vier Millionen Menschen, die gemeinsam handeln. Wir konzentrieren uns auf Sitze, bei denen die muslimische Stimme das Ergebnis beeinflussen kann. Wir sind langfristig hier. Im Jahr 2024 werden wir den Grundstein für die politische Zukunft unserer Gemeinschaft legen“, lautet das Motto. Auch ihr zentrales Ziel ist eine pro-palästinensische Politik.

  • NIDA (Niederlande)

Die NIDA, zu Deutsch „Ruf“, ist eine niederländische Partei, die sich „vom Islam inspiriert“ fühlt. Die Partei stellt einige Stadträte in Rotterdam und Den Haag, ist vor allem in der Kommunal-Politik aktiv.

  • ISLAM DEMOCRATEN (Niederlande)

Die ID wurden 2006 in Den Haag gegründet und dort seit 2014 auch mit zwei Sitzen im Stadtrat vertreten. Bei ihrem Antritt bei den Parlamentswahlen von 2006 verfehlten sie den Einzug ins niederländische Unterhaus. 

  • DENK (Niederlande)

Die von türkisch-stämmigen Migranten, die sich von den Sozialdemokraten abgespalten haben, gegründete Partei ist im niederländischen Parlament vertreten. Ihr wird eine Nähe zur türkischen Regierungspartei AKP und dem türkischen Präsidenten Erdogan nachgesagt. 

  • ISLAM (Belgien)

Die Partei wurde 2012 gegründet und hat einen islamischen Staat inklusive Scharia zum Ziel. „Männer und Frauen im Bus getrennt, Halal-Essen in der Schulkantine und Wahllisten möglichst ohne Frauen“, das predigt Redouane Ahrouch, Mitbegründer der Partei. Er wünscht sich einen „100 Prozent reinen islamischen Staat wie zur Zeit unseres lieben Propheten Mohammed“. Den größten Erfolg konnte „ISLAM“ 2012 bei den Kommunalwahlen in Brüssel einfahren. In den Stadteilen Anderlecht und Molenbeek gewann sie je einen Sitz in den Gemeinderäten, beide wurden 2018 wieder verloren.

  • Millî Görüş (Europa, v.a. Deutschland)

Millî Görüş ist eine islamistische Bewegung mit Ursprung in der Türkei. Sie ist in einigen zentraleuropäischen Ländern tätig, unter anderem in Österreich, in der Schweiz und vor allem auch in Deutschland. Die großteils in der islamischen Gemeinschaft Millî Görüş organisierten Vereine – Moscheen-, Frauen-, Jugend- und Studierendenvereinigungen – bilden die Basis der Organisation. Sie beeinflussen die muslimische Bevölkerung in Europa maßgeblich.

  • DAVA (Deutschland)

DAVA sorgte im Vorfeld der EU-Wahl für Debatten in Deutschland. Der Islam wird als ein integraler Bestandteil Deutschlands bezeichnet. „Hindernisse, die das islamische Leben erschweren, sollen identifiziert und beseitigt werden“. Die Partei will durch Einflussnahme auf Schulen, Medien und öffentliche Verwaltungen „ein realistisches und positiveres Bild des Islams fördern“. Unsachgemäße Darstellungen des Islam und der Muslime in den Schul- und Geschichtsbüchern sollen korrigiert und durch korrekte Informationen ersetzt, Gesetze gegen Islamfeindlichkeit verschärft werden. Eine klare Abgrenzung zum politischen Islam und zum militanten Islamismus fehlt.

  • UDMF (Frankreich)

UDMF ist das bekannteste Mitglieder der neuen Europapartei „Free Palestina“. Die UDMF ist nicht der erste Versuch einer Islampartei in Frankreich. Eine frühere „Partei des musulmans de France“ (PMF) hatte bei der Parlamentswahl 2007 knapp ein Prozent der Stimmen erhalten.

Nicht mehr aktiv:

  • Liste für unser Niederösterreich (Österreich)

Bei der Niederösterreichischen Landtagswahl 2008 trat die LNÖ an. Alle zwölf Kandidaten hatten einen türkischen Migrationshintergrund. Das Ziel, in den Landtag einzuziehen, wurde mit 0,22 Prozent der Wählerstimmen deutlich verpasst. Die Liste setzte sich vor allem für eine Anpassung der Migrationspolitik ein. Der Spitzenkandidat Seyfi Öztürk sprach sich auch für Moscheenbauten in Niederösterreich aus.

  • Muslimische Demokratische Union (Deutschland)

In Deutschland gab es von 2010 bis 2014 die MDU als politische Plattform für muslimische Bürger. Sie war hauptsächlich in Niedersachsen aktiv und wurde dort im Jahr 2012 vom Verfassungsschutz als extremistisch und salafistisch eingestuft.

  • Islamic Party of Britain (Großbritannien)

Die Islamic Party of Britain war von 1989 bis 2006 aktiv. Die Partei setzte sich für die Einführung islamischer Werte in die britische Politik ein, darunter soziale Gerechtigkeit, Friedensförderung und moralische Führung. Sie hatte nur begrenzten politischen Erfolg und trat bei Wahlen nur sporadisch an.

Kritiker nicht als Rassisten abkanzeln
Verbote seien im Zusammenhang mit dem politischen Islam nicht zielführend, so Aslan, eine Partei ersetze die nächste. Wichtiger sei es, Probleme sichtbar zu machen. Die heimische Politik jedoch erkenne die Gefahren des politischen Islams nicht. Es gelinge immer wieder, Rechtsparteien zu bekämpfen, faschistische Formen des Islam würden jedoch nicht wahrgenommen.

Die Bevölkerung sei aufgrund persönlicher Erlebnisse, beispielsweise in der Straßenbahn oder in bestimmten Stadtteilen, alarmiert. Diese Wahrnehmungen werden von der Gesellschaft jedoch abgewertet. Die Leute würden als Rassisten oder islamophob abgestempelt und verlieren ihren Mut, über diese Vorfälle zu sprechen.

Thomas Schwarz
Thomas Schwarz
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