Kurz nach Anpfiff des Spiels Österreich gegen Türkei wurde im Landtag ein langes Polit-Match abgepfiffen: Die Steiermark hat ein neues Pflege- und Betreuungsgesetz. Was die wesentlichen Änderungen sind und warum es weiter Kritik gibt.
„Es ist ein Meilenstein“, sagten sowohl ÖVP-Klubobfrau Barbara Riener als auch SPÖ-Abgeordneter Klaus Zenz. Mit Stimmen der beiden Landesregierungs-Parteien wurde am Dienstag das neue Pflege- und Betreuungsgesetz beschlossen – nach jahrelangen Gesprächen und Debatten, die auch im Landtags-Finale nicht aufhörten.
Das Gesetz beinhaltet Änderungen an vielen Stellen. Hier einige markante Punkte:
Übergangspflege: Nach einem Spitalsaufenthalt sind viele Patienten noch nicht fit genug, um zu Hause zu leben. Bisher blieb dafür als Alternative nur das Pflegeheim. In Mürzzuschlag gibt es seit dem Vorjahr eine eigene Übergangspflege-Abteilung, wo man bis zu vier Wochen betreut werden kann. Das Modell soll nun ausgerollt werden.
Vorrang für Gemeinnützige: Bei neuen Pflegeheimbetten haben gemeinnützige Trägerorganisationen künftig Vorrang. Das ist bemerkenswert, da bisher in der Steiermark private Firmen den Markt dominieren.
Notstromversorgung in Pflegeheimen: Als im Murtal im Dezember flächendeckend der Strom ausfiel, blieb es auch in Pflegeheimen dunkel und kalt. Mitten in der Nacht mussten Bewohner umgesiedelt werden. Eine Notstromversorgung wird daher nun verpflichtend.
Pflegedrehscheiben: Sie bieten in den Bezirken Unterstützung für Pflegebedürftige und Angehörige und sollen sie durch den Informationsdschungel lotsen. Die Drehscheiben werden nun gesetzlich verankert. Wird Heimpflege für Menschen unter Pflegestufe 4 beantragt, braucht es künftige verpflichtende Beratung durch die Pflegedrehscheiben, um Alternativen auszuloten.
Kinderkrippen-Assistenz: Für Kinder mit Behinderungen gilt ab 1. September ein Rechtsanspruch auf Unterstützung bei Besuch einer Kinderkrippe – bis zum 3. Lebensjahr.
Warum es weiterhin Kritik gibt
Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) spricht von einer „Mammutaufgabe“, Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) von einer „zukunftstauglichen Basis für den so wichtigen sozialen Bereich“. Die Opposition zeigte sich nicht gänzlich ablehnend, einzelne Punkte wurden aber scharf kritisiert.
Zu den häufigsten Kritikpunkten zählt, dass es weiterhin einen Pflegeregress bei der 24-Stunden-Betreuung gibt – im (wesentlich teureren) Heimbereich wurde er ja 2018 abgeschafft. Riener bedauert das, eine Abschaffung des Regresses würde aber Land und Gemeinden sehr stark finanziell belasten.
Sorge um „Community Nurses“
Eine Sorge gilt der Zukunft der „Community Nurses“, die in Gemeinden zentrale Ansprechpartner für Pflege-Fragen sind. Das Projekt sei nicht gefährdet, betonen Regierungsvertreter. Im Gesetz seien sie aber noch nicht verankert, weil ihr Aufgabenbereich noch geklärt werden muss. Eine Arbeitsgruppe tagt.
Für die KPÖ ein rotes Tuch ist die Zentralisierung der Heimkontrollen beim Land. Der Stadt Graz, wo mit Robert Krotzer ja ein Kommunist zuständiger Stadtrat ist, wird die Kompetenz entzogen. Hier wurde bisher zweimal jährlich kontrolliert, beim Land gibt es nur eine Überprüfung pro Jahr. Die Regierung verspricht, das Kontroll-Team personell aufzustocken.
Gleich zu Beginn der Landtagssitzung musste Landesrat Karlheinz Kornhäusl eine brisante Frage der FPÖ beantworten. Sie wollte nach einem „Krone“-Bericht über geplante Bettenreduktion im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag wissen, wie viele Betten in den Heimen der sechs steirischen Pflegeverbände gesperrt sind. Es sind 432 von 2154, also genau 20 Prozent! Die Quote ist im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld mit 32,8 Prozent am höchsten, in Voitsberg mit 9,7 Prozent am niedrigsten.
Hauptgrund für die Leerstände ist laut Kornhäusl der Fachkräftemangel. Er nennt aber auch den Ausbau von Alternativangeboten wie Tageszentren oder mobile Dienste.
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