Betroffenheit über die Parteigrenzen hinweg: Der langjährige steirische Landesrat Johann Seitinger (ÖVP) ist am Sonntagmorgen 63-jährig verstorben. Er war im Oktober 2023 aufgrund schwerer Krankheit zurückgetreten. Lesen Sie hier einen Kommentar von „Steirerkrone“-Chef vom Dienst Gerald Schwaiger und Reaktionen aus der Politik.
Dass Journalisten einem Politiker applaudieren, verbietet grundsätzlich das Berufsethos. Reporter müssen kritisch sein, sollen Distanz halten und Mächtigen auf die Hände klopfen, anstatt sie ihnen untertänig zu reichen. Wer applaudiert, kann nicht unabhängig sein. Bei Hans Seitingers von der Krankheit erzwungenem Abschied aus der Landespolitik klatschten alle, auch die Presseleute. Es war der Beifall für einen außergewöhnlichen Menschen, einen außergewöhnlichen Politiker. Für den Letzten seines Standes.
Seitinger lebte Politik und lebte FÜR die Politik, egal, welches Amt er bekleidete. Als Bürgermeister, als Bauernbundobmann, als Landesrat, er war ehrlich, geradlinig, kämpfte für „seine Leute“. Mit Bauernschläue, obersteirischem Schmäh und unglaublichem Einsatz. War seine Büroarbeit beendet, ging’s abends zu Veranstaltungen, Arbeitstage von 7 Uhr früh bis Mitternacht waren Regel und nicht Ausnahme. Dazwischen, im Auto, Telefonate und SMS: „Wie geht’s dir, kann ich wo unterstützen?“
Der Mensch Hans Seitinger ist nicht mehr, man hätte ihm, in der Pension, endlich etwas Ruhe gegönnt. Adieu, Hans Seitinger, haben Sie Dank.
Erste Reaktionen kamen am Sonntag von Seitingers ehemaligen Regierungskollegen Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) und LH-Vize Anton Lang (SPÖ). „Hans Seitinger war ein leidenschaftlicher Kämpfer für unser geliebtes Heimatbundesland und alle Steirerinnen und Steirer. Ich verliere einen Freund und Ratgeber – unser Land einen seiner treuesten Diener“, so Drexler. „Dass jetzt auch seine so wertvollen Hinweise und Ratschläge, die er mir in seiner Rastlosigkeit auch aus dem Spital per SMS oder Telefonat mitgegeben hat ausbleiben, ist für mich unvorstellbar.“
„Mein tiefes Beileid gilt seiner Familie, der ich in diesen schweren Stunden viel Kraft wünsche“, ließ Lang wissen.
„Wir verlieren wir einen Menschen, der sein Leben in den Dienst der Gemeinschaft stellte“
ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer sah Seitinger als „Vorbild für alle“: „Hans Seitinger war ein Vollblutpolitiker im besten Sinne und hat durch seinen Charakter, seinen Humor und seinen Einsatz tiefe Spuren in der Erinnerung vieler, auch in meiner, hinterlassen. Sein Wirken wird noch lange nachhallen und die Entwicklung der Steiermark positiv beeinflussen.“
Alt-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer ist „schwer erschüttert“ von der Nachricht: „Seine Frau Anni und seine Familie, denen mein aufrichtiges Mitgefühl gilt, haben ihn liebevoll Tag und Nacht umsorgt.“
Reaktionen aus der Opposition
FPÖ-Steiermark-Chef Mario Kunasek äußerte sich so zum Ableben des Landesrats a. D.: „Wir hatten jahrelang die Büros direkt nebeneinander und diese berufliche ,Nachbarschaft‘ führte zu vielen von gegenseitiger Sympathie getragenen Begegnungen und Gesprächen.“
Grünen-Klubchefin Sandra Krautwaschl erinnert sich an die gute persönliche Gesprächsebene mit Seitinger: „Auch wenn wir in vielen politischen Fragen unterschiedlicher Meinung waren, schätzte ich stets seine Bereitschaft zum Dialog und sein offenes Ohr für die Anliegen anderer.“
„Die Zusammenarbeit war zu jeder Zeit sachlich und konstruktiv“, sagt Graz-Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ). „Politiker dieses Schlags gibt es immer seltener. Mein Mitgefühl gilt all seinen Wegbegleitern und seiner Familie.“
Mit tiefer Trauer nehmen wir Abschied von einem großen Agrarpolitiker. Ich habe ihn als bodenständigen, kompetenten und vorausschauenden Menschen kennen und schätzen gelernt.
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig
„Hans Seitinger war ein Mensch und Politiker, der jedem ein Lächeln ins Gesicht zaubern konnte. Als Landesrat war er für seine konstruktive Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg nicht nur bekannt, sondern vor allem auch erfolgreich”, würdigt Neos-Klubobmann Niko Swatek den Verstorbenen.
KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler ist ebenso tief betroffen: „Bei allen inhaltlichen Differenzen waren die Gespräche mit ihm stets von Respekt, Freundlichkeit und ehrlichem Interesse geprägt. Das ist in der Politik leider selten geworden und wird nicht nur mir sehr fehlen.“
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