Der ehemalige Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Fritz Verzetnitsch, ist tot. Wie die SPÖ mitteilte, starb Verzetnitsch, der besonders durch die BAWAG-Affäre in den Fokus der Öffentlichkeit rückte, mit 79 Jahren nach schwerer Krankheit.
Der gelernte Installateur Verzetnitsch hatte im Jahr 1987 Anton Benya als ÖGB-Präsident beerbt. Ein Jahr zuvor war er für die SPÖ in den Nationalrat eingezogen.
BAWAG-Affäre erschütterte Republik
In Verzetnischts Ära als ÖGB-Präsident war der Gewerkschaftsbund eine der mächtigsten Institutionen der österreichischen Innenpolitik. Erschüttert wurde dies durch die BAWAG-Affäre, bei der die im Besitz des ÖGB gestandene Bank durch hochspekulative Geschäfte in karibischen Steueroasen derartige Verluste erlitten hatte, dass sie kurz vor der Insolvenz stand.
Um die Bankpleite abzuwenden, übernahm Verzetnitsch als Chef des ÖGB eine Haftung für die Verbindlichkeiten der Bank, indem er den Streikfonds des ÖGB verpfändete. Er tat dies gemeinsam mit ÖGB-Finanzchef Günter Weninger – gleichzeitig BAWAG-Aufsichtsratsvorsitzender –, ohne das Präsidium des ÖGB darüber in Kenntnis zu setzen.
Rücktritt und fristlose Entlassung
Infolge des Skandals trat Verzetnitsch im März 2006 von allen seinen gewerkschaftlichen und politischen Funktionen zurück – und wurde am 30. April vom ÖGB fristlos entlassen. Verzetnitsch ging dagegen vor Gericht, scheiterte aber.
Einer Schuld war sich Verzetntisch, der schon davor wegen seines Penthouses in der Wiener Innenstadt immer wieder einmal in der Kritik gestanden war, nicht bewusst. Auch wenn die Gewerkschafter nie mehr mit ihm warm wurden, ließ er keine größere Veranstaltung des ÖGB aus. Zuletzt sah man ihn in den hinteren Reihen beim Bundeskongress im vergangenen Jahr.
„Überzeugter Gewerkschafter“
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian würdigte Verzetnitsch am Donnerstag als „überzeugten Gewerkschafter“. Er habe stets das Gemeinsame über das Trennende gestellt und in schwierigen Zeiten die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und den Erhalt der Demokratie in Österreich verteidigt. SPÖ-Chef Andreas Babler betonte Verzetnitschs Bemühen, stets eine vermittelnde und einigende Funktion zu übernehmen.
Seitens der Wirtschaftskammer erklärten Präsident Harald Mahrer und Generalsekretär Karlheinz Kopf: „Mit ihm gemeinsam konnte die Sozialpartnerschaft bessere Chancen und Perspektiven für die Menschen entwickeln.“ Verzetnitschs langjähriger Weggefährte, der ehemalige Kammerchef Christoph Leitl, nannte ihn „einen Gewerkschafter im besten Sinne, der sich durch Handschlagqualität und Loyalität ausgezeichnet hat“. Die Vorsitzende der Christgewerkschafter Romana Deckenbacher würdigte seine Menschlichkeit und seinen unermüdlichen Einsatz für eine gerechtere Welt.
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