Kinderbetreuung, die obendrein in der Familie bleibt und vom Staat „finanziell unterstützt“ wird. Zum Beginn des Wahlkampfs wärmt die ÖVP ihr Modell der Großelternkarenz noch einmal frisch auf. Worum es geht und was die anderen Parteien daran auszusetzen haben.
Im Rahmen seines Österreich-Plans stellte Bundeskanzler Karl Nehammer sein Modell der „Großeltern-Karenz“ zum ersten Mal vor. Just zwei Monate vor der Nationalratswahl hat es seine Partei nun wieder ausgegraben. Zur Erinnerung, worum es genau geht: Sowohl Omas und Opas, die noch im Berufsleben stehen, als auch Großeltern, die bereits in Pension sind, sollen das Modell in Anspruch nehmen können, um ihre Enkerl zu betreuen. „Finanziell unterstützt“, wie es aus der ÖVP heißt, sollen sie in Form eines „Großelternbonus“ werden, der „analog zum Kinderbetreuungsgeld in derselben Höhe“ ausbezahlt werden solle.
Ministerin Raab freut sich über „Wahlfreiheit“
Voraussetzung dafür müsste nur sein, dass sich die Großeltern anstelle der Eltern um die Enkelkinder kümmern, weil diese erwerbstätig sind. Für berufstätige Großeltern soll daher auch eine Freistellungsoption vorgesehen werden. Ein guter Plan, meint man zumindest in der ÖVP.
„Für viele Familien ist der Beitrag, den Oma und Opa in der Kindererziehung und Kinderbetreuung leisten, unverzichtbar. Die Großeltern-Karenz ist deshalb nicht nur eine große Wertschätzung der älteren Generation gegenüber, sondern auch ein Meilenstein für die Wahlfreiheit der Familien“, erklärt ÖVP-Familienministerin Susanne Raab. Sie sieht „ein zusätzliches freiwilliges Angebot für Familien, die früher wieder in den Beruf einsteigen wollen“.
SPÖ ortet Nachteile für die Frauen
Ganz anders sieht man das bei der SPÖ. „Mit dem Vorschlag einer Großelternkarenz – inspiriert von Orbans Ungarn – gesteht die ÖVP ihre bewusste Blockade beim Thema Kinderbildung ein. Nachdem Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz im Jahr 2017 die dringend benötigte Kinderbildungs-Milliarde verhindert hat, sollen diesen Fehler jetzt wieder Familien und allen voran Frauen ausbaden“, kritisiert SPÖ-Frauenchefin Eva-Maria Holzleitner.
Die Frauen, die schon heute zittern, wenn sie ihren Pensionsbescheid anschauen, weil Karenzzeiten noch immer nicht entsprechend angerechnet werden. Aktuell werde zudem das Pensionsantrittsalter von Frauen Jahr für Jahr angehoben. „Das heißt, sie müssen einerseits länger arbeiten, sollen aber andererseits noch ein zweites Mal in Karenz gehen. Statt solch rückschrittlicher und schlicht absurder Ideen brauchen wir in Österreich endlich einen Rechtsanspruch auf Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr, anders werden wir die Pensionsschere von rund 40 Prozent nicht schließen können.“
Statt Ausreden und Verantwortungsabgabe braucht es endlich verlässliche, kostenlose und flächendeckende Kinderbetreuung in ganz Österreich.
Barbara Neßler (Grüne)
Auch mit dem aktuellen Koalitionspartner der ÖVP wird die Karenz nach der Wahl so nicht zu machen sein. Die grüne Familiensprecherin erteilte Barbara Neßler erteilte dem Modell eine klare Absage und meint: „Es kann nicht sein, dass die Verantwortung von der Mutter auf die Großmutter abgewälzt wird. Familien dürfen nicht länger im Stich gelassen werden.“
NEOS mit Kritik an der ÖVP
Für die NEOS bedeutet der Vorschlag „nichts anderes, als berufstätige Omas und Opas aus dem Job zu holen, damit diese die Kinderbetreuung erledigen, die die ÖVP selbst seit Jahrzehnten nicht gebacken bekommt“. Für echte Wahlfreiheit brauche es laut den Pinken nicht nur eine partnerschaftliche Aufteilung der Karenz, sondern auch flächendeckende, leistbare und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung - mit einem Rechtsanspruch ab dem ersten Geburtstag, der es Müttern ermöglicht, Vollzeit zu arbeiten und ihre Kinder in guter Betreuung zu wissen.
FPÖ: „Kinder bekommen darf Zeit kosten“
Keine Freude mit dem von der ÖVP propagierten Modell der Großelternkarenz hat auch FPÖ-Frauen- und Familiensprecherin Rosa Ecker: „Dieser Plan bietet keine Wahlfreiheit und führt zu Diskriminierung. Es ist der plumpe – offenbar von Wirtschaft und Industrie – initiierte Versuch, den Kindern die Eltern so früh wie möglich wegzunehmen. Das ist nicht unser Ansatz: Kinder bekommen darf auch Zeit kosten.“
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