Eine Familie mit sieben Kindern kassiert in Wien 4600 Euro Sozialhilfe. Der österreichweite Vergleich zeigt: Nur Tirol ist auf Wiener Niveau. In Niederösterreich und Oberösterreich gäbe es für die Familie nur 2450 Euro.
Sind 4600 Euro Sozialhilfe für eine neunköpfige Familie unfair? Oder rüttelt man an den Grundfesten des Sozialstaats, wenn man die Summe als zu hoch und ungerecht kritisiert? Diese Frage wird seit Tagen wild debattiert.
Die Lager sind gespalten. Die Befürworter argumentieren, dass im Monat pro Person rund 500 Euro übrigbleiben, wenn man die Summe von 4600 Euro durch 9 dividiert.
Anreize fehlen, arbeiten zu gehen
Tatsache ist aber auch: Selbst wenn Mutter oder Vater einen Job finden, eine solch fürstliche Netto-Bezahlung wird kaum von einem Arbeitgeber überwiesen werden. Ein Bauarbeiter verdient rund 2100 Euro im Monat. Es fehle in der Folge der Anreiz, arbeiten zu gehen, lautet die Kritik.
So sehen auch andere Bundesländer die Problematik. Sie zahlen deutlich weniger Sozialhilfe aus. Mit einer Ausnahme – und die heißt Tirol.
Hier der Vergleich im detaillierten Überblick:
Wien. Wie setzen sich nun die 4600 Euro an Unterstützungsleistungen zusammen? Die beiden Erwachsenen bekommen monatlich 809,09 Euro plus jeweils 51,01 Euro Zuschlag, da Minderjährige im Haushalt leben. Dazu gibt es pro Kind 312,08 Euro, für ein Kind der insgesamt sieben Kinder ist die Großfamilie nicht anspruchsberechtigt. Obendrauf kommen 995,46 Euro an Mietbeihilfe noch dazu, die an die Familie und nicht direkt an den Vermieter ausgezahlt werden.
krone.tv-Video: „Das ist Abzocke!“
Niederösterreich. In Summe würde die syrische Familie in Niederösterreich mehr als 2000 Euro pro Monat weniger erhalten. Die Erwachsenen würden jeweils 809,9 Euro erhalten. Pro Kind gibt es 138,70 Euro (zur Info: nur sechs der sieben Kinder der syrischen Familie sind bezugsberechtigt). Die Leistung für den Wohnbedarf ist darin schon enthalten. Das bedeutet, pro Monat würde die Familie in NÖ insgesamt 2450 Euro bekommen.
Burgenland. Etwas großzügiger ist das Burgenland. Aber Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) zieht die Zügel strenger an als seine Genossen in Wien. Die syrische Familie würde im Burgenland 3210 Euro Sozialhilfe ausbezahlt bekommen. Insgesamt gibt das Land 10,2 Millionen Euro pro Jahr für Sozialhilfe aus.
Steiermark. In der Grünen Mark liegt man auf einem ähnlichen Niveau wie im Burgenland. Hinter dem Semmering würde die syrische Flüchtlingsfamilie einen Maximalbetrag von 3480 Euro erhalten. Insgesamt nimmt die Steiermark pro Jahr rund 69 Millionen Euro für die Sozialhilfe in die Hand. Für Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) ist die momentane Diskussion „eine Frage der Gerechtigkeit und Verhältnismäßigkeit“. Daher setze die Steiermark auf ein degressives Berechnungsmodell bei den Kindern.
Die Diskussion ist für mich nachvollziehbar, denn es ist eine Frage der Gerechtigkeit und der Verhältnismäßigkeit.
Die steirische Landesrätin Doris Kampus (SPÖ)
Oberösterreich. Ähnlich rigide wie in Niederösterreich ist die Sozialhilfe in Oberösterreich. Hier würde die Familie pro Monat 2450 Euro ausbezahlt bekommen. Was macht den Unterschied in der Berechnung? In Wien gibt es beispielsweise einen festgelegten Kinderrichtsatz, der unabhängig von der Kinderanzahl ausbezahlt wird. Das sind einheitlich 312 Euro pro Kind. In Oberösterreich und anderen Bundesländern gibt es einen Kinderrichtsatz, der degressiv gestaffelt ist. In Oberösterreich wird die Wohnbeihilfe als „Einkommen“ auf Leistungen der Sozialhilfe angerechnet und reduziert den Anspruch in selbiger Höhe.
Kärnten. Auch SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser ist nicht so großzügig wie seine Parteifreunde in Wien. Mutter und Vater erhalten pro Monat jeweils 809,09 Euro Unterstützung. Für den Lebensunterhalt für 7 Kinder zahlt das Land insgesamt 1699 Euro pro Monat. Für 6 Kinder sind es 1456, 8 Euro. Insgesamt ergibt das eine Summe von 3317 Euro für sieben Kinder im Monat.
Salzburg. Aktuell leben in Salzburg vier Familien, die eine ähnliche Mitgliederanzahl wie die Syrer in Wien haben und Sozialhilfeempfänger sind. Im Modell wurde berechnet, dass die Familie in Salzburg Stadt lebt. 3684 Euro inklusive eines Wohnzuschusses von 500 Euro würde das Land Salzburg als Sozialhilfe pro Monat überweisen. Auch in Salzburg ist die FPÖ in einer Koalition mit der ÖVP. Im Vergleich zu Oberösterreich und Niederösterreich, wo die Freiheitlichen auch mitregieren, ist die Unterstützung in Salzburg bemerkenswerterweise deutlich höher.
Tirol. Eine Überraschung gibt es in Tirol. Im Westen erhält eine Familie mit 2 Erwachsenen und sieben Kindern einen fast ähnlich hohen Betrag wie in der Bundeshauptstadt. Würde die syrische Familie in Innsbruck Stadt leben, könnte sie sich über eine Mindestsicherungsleistung von 4503 Euro freuen. Davon sind 1709 Euro als Maximalbetrag für Mietkosten vorgesehen, die je nach Höhe der tatsächlichen Miete direkt auf das Konto des Vermieters überwiesen werden. Subtrahiert man den Mietzuschuss, bleiben 2794 Euro für den Lebensunterhalt der Familie.
Vorarlberg. Im Ländle beträgt für eine Familie mit 7 Kindern der maximale Lebensunterhalt pro Monat 2212,37 Euro. Für die Deckung des Wohnbedarfs einer Großfamilie ab 5 Personen gibt es in Vorarlberg auch eine Unterstützung. Der tatsächlich anfallende Wohnbedarf wird bis zu einem Betrag von maximal 1240 Euro pro Monat übernommen (Deckel). Rechnet man diese Unterstützung noch dazu, dann bekommt eine 9-köpfige Familie insgesamt einen Betrag von 3452,27 Euro pro Monat aus Mitteln der Sozialhilfe. Die Wohnkosten werden als Sachleistung ausbezahlt, indem eine Überweisung der Miet- und Betriebskosten direkt an den Vermieter erfolgt.
Wien bietet die besten Bedingungen für Flüchtlinge
Die Conclusio des Vergleichs: Da es in Wien noch eine Vielzahl weiterer Vergünstigungen für Flüchtlingsfamilien gibt (etwa Eintrittsermäßigungen in den Bädern), ist es nicht verwunderlich, dass die Bundeshauptstadt die besten Lebensbedingungen für Flüchtlinge bietet.
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