Pinke Entlastung?

NEOS versprechen deutlich mehr Netto vom Brutto

Politik
07.08.2024 15:12

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger hat sich am Mittwoch weit aus dem Fenster gelehnt: Sollten die Pinken nach den Nationalratswahlen in Verantwortung kommen, verspricht die Parteichefin ein deutliches Plus auf dem Konto von Arbeitern und Angestellten. Arbeitnehmerverbände sind jedoch wenig begeistert.

Meinl-Reisinger hat eine parteieigene „Reformgruppe Entlastung“ gestartet, dabei sind NEOS-Leute und einige, meist wirtschaftsliberale, Ökonomen. Größte Probleme seien die Abgabenbelastung, steigende Schulden und fehlende Effizienz im Gesundheits- und Bildungsbereich.

ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grüne seien das nie angegangen, dafür sei es nach der Wahl aber an der Zeit. Dann ginge sich auch zehn Prozent mehr Netto vom Brutto aus, sagt die Oppositionspolitikerin.

NEOS bauen auf Effizienz
Dafür müsse nicht bei wichtigen Leistungen gespart werden, sondern in allen Bereichen der Verwaltung mehr Effizienz einziehen, sagte Meinl-Reisinger am Mittwoch in Wien vor Journalistinnen und Journalisten.

Hier können Sie die Pressekonferenz nachsehen:

„Koste es, was es wolle, darf es nicht mehr geben“, sagte Meinl-Reisinger. „Es braucht in der nächsten Regierung einen sparsamen Umgang mit Steuergeld. Die Abgabenquote muss auf 40 Prozent sinken.“ Das soll unter anderem durch mehr Effizienz und ein Aus für Doppelstrukturen bei Förderungen gelingen. „Wir brauchen eine Ausgaben- und Kostenbremse und vor allem auch Raum für Entlastung.“

NEOS-Chefin kritisiert Regierung
Der Lohnnebenkostenanteil des Familienlastenausgleichsfonds solle ins normale Staatsbudget übergehen. Das wäre angesichts der hohen Inflation schon angebracht gewesen, um die Lohnkosten in Österreich für die Arbeitgeber nicht derart davongaloppieren zu lassen, was nun schon zur Verlagerung von Jobs in Billiglohnländer führe.

Was sind Lohnnebenkosten?

  • Was auf dem Konto landet, ist der Nettobetrag.
  • Werden Lohnsteuer und SV-Beiträge addiert, die automatisch abgezogen werden, ergibt sich der Bruttobezug.
  • Auf das Brutto werden die Lohnnebenkosten aufgeschlagen, die vom Arbeitgeber getragen werden. Sozusagen ein „Brutto-Brutto“.
  • Darin enthalten sind die Beiträge zur Sozialversicherung, Familienlastenausgleichsfonds und viele weitere Entgelte.
  • Wie viel von den Kürzungen vom „Brutto-Brutto“ an den Arbeitnehmer weitergegeben wird, ist Verhandlungssache.

Doch die Bundesregierung habe hierbei wie so oft den Kopf in den Sand gesteckt und die schwierige Lohnsache alleine den Sozialpartnern überlassen, so Meinl-Reisinger sinngemäß.

So aber habe man „hausgemacht“ schwer an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. „Ein kluger Finanzminister, ein kluger Kanzler hätte hier Raum schaffen müssen“, sagte die Pinke in Richtung Karl Nehammer und dem nach Brüssel scheidenden Finanzminister Magnus Brunner (beide ÖVP). Zweiterer falle angesichts der immens gestiegenen Schulden zudem „sehr weich“.

Kritik von Arbeitnehmerverbänden
Von Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB) kam Kritik an Meinl-Reisingers Idee rund um die Lohnnebenkosten. „Eine Kürzung der Lohnnebenkosten ist ein trojanisches Pferd für die arbeitenden Menschen. Sie zahlen doppelt drauf, während die Arbeitgeber profitieren“, so Ines Stilling von der AK. Es seien „Löcher“ im Sozialsystem zu erwarten.

Die NEOS wollen die Kritik nicht auf sich sitzen lassen:

ÖGB-Ökonomin Miriam Fuhrmann erklärte: „Die falsche Behauptung, dass durch eine Lohnnebenkostenkürzung das Brutto- oder Nettogehalt steige, wird durch Wiederholung nicht richtiger.“

Meinl-Reisinger verspricht jedoch, dass sich die Kürzung vor allem im Börserl der arbeitenden Gesellschaft bemerkbar machen soll. Die Menschen würden bereits bemerken, wie viel sie für Bildung und Gesundheit an Steuern und Abgaben leisteten, während sie immer schwieriger an einen Arzttermin kämen – oder sich sorgten, ob ihre Kinder in einer öffentlichen Schule gut aufgehoben seien.

Andere Länder holen auf
„Die Menschen haben verstanden, dass es so nicht weitergeht, aber die Politik nicht“, sagte sie in Richtung der politischen Mitbewerber. Auch die „Dauer-Ausrede“ mit Brüssel ziehe nicht, vergleichbare Staaten seien auch in der EU und stünden viel besser da.

Die Abgaben auf Arbeit sind in Österreich vergleichsweise hoch:  

Österreich würde nicht unbedingt schlechter, aber andere holten mit immenser Geschwindigkeit auf. Es handle sich um Länder, die sich um finanzielle Stabilität, Effizienz im Gesundheits- und Bildungsbereich, optimalen Mitteleinsatz und laufende Strukturreformen kümmerten, „was Österreich nicht gemacht hat“, so die NEOS-Chefin.

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