Neues Handy-Warnsystem

„AT-Alert“ nach stürmischer Probe scharfgestellt

Steiermark
03.10.2024 07:00

Seit 9. September wird das neue Katastrophenwarnsystem „AT-Alert“ auf Herz und Nieren getestet. Sechs Tage später, als die Steiermark von Sturm, Regen und Schnee heimgesucht wurde, wurden bereits Hunderttausende Handys angefunkt. Am Wochenende wird parallel zum bewährten Zivilschutz-Probealarm offiziell scharfgestellt.

Es war eine Laune des Himmels, dass der Testbetrieb nur wenige Tage nach dem Start in den Ernstfall übergehen sollte. In der Steiermark schaukelten sich die Wetterkapriolen in der zweiten Septemberwoche hoch, bis am 15.9. die Kriterien für den neuen Handy-Alarm erfüllt waren: Starkregen in Teilen der Obersteiermark und Sturm-Rekordwerte am Schöckl ließen bei den Behörden die Alarmglocken schrillen.

So ergingen schrittweise ab Sonntagmittag die ersten „AT-Alerts“ des Landes in unterschiedlichen Dringlichkeitsstufen. Um 11.47 Uhr erfolgte die Premiere in Form des Zivilschutzalarms in Thörl gleich auf dem höchsten Level, drei Stunden später folgten Sturmwarnungen der Stufe 2 für die Bezirke Graz, Graz-Umgebung, Voitsberg, Weiz und Hartberg-Fürstenfeld. Am Abend wurde entlang der Mürz sowie in Mariazell vor Hochwassergefahr gewarnt. Insgesamt wurden so rund 600.000 Handys in der Steiermark kontaktiert, erklärt Günter Hohenberger von der Landeswarnzentrale.

Die Feuerwehren hatten bei den Extremwettereignissen Mitte September wie hier in Hartberg alle Hände voll zu tun. (Bild: PRESSEDIENST BFVHB)
Die Feuerwehren hatten bei den Extremwettereignissen Mitte September wie hier in Hartberg alle Hände voll zu tun.

Aus Test wurde Ernst
Eigentlich wäre geplant gewesen, in der Probezeit einzelne Gemeinden abzutesten. Die Bürgermeister waren vorab informiert, bestätigt Heribert Uhl vom Zivilschutzverband. Der Test erübrigte sich, das System konnte gleichsam am offenen Herzen warmlaufen. Etliche weitere Alarmbotschaften auch in den Nachbarbundesländern Niederösterreich und Burgenland sollten folgen, bis sich die dramatische Wetterlage entspannt hatte.

Zivilschutz: „Stegreifmäßige Premiere“
„Es war eine stegreifmäßige Premiere von kalt auf sehr heiß“, blickt Uhl auf die „scharfe Testphase“ zurück. Vorbereitungszeit hätte man eigentlich genug gehabt, hätte die zugrunde liegende EU-Richtlinie doch schon vor zwei Jahren umgesetzt werden sollen. Nun habe man in der Landeswarnzentrale, wo alle Fäden zusammenlaufen, aber „relativ schnell und sehr clever reagiert“, als sich das stürmische Herbstwetter mit Starkregen und Neuschnee zu einem gefährlichen Mix zusammenbraute.

Bei den Einsatzkräften sah man sich mancherorts überrumpelt bzw. nicht ausreichend eingebunden. Insgesamt bewertet Heinz Reinbacher von der Feuerwehr-Leitzentrale das System aber durchaus positiv, „weil wir Information, die auch einen konkreten Inhalt enthält, an die breite Masse hinausbringen“. Auch den Vorteil, geografisch zielgerichtet vorgehen zu können, indem alle Mobiltelefone in einem bestimmten Gebiet angesteuert werden, streicht man bei der Feuerwehr heraus.

Hier in der Landeswarnzentrale wird das Knöpferl gedrückt, das den neuen Handy-Alarm auslöst. (Bild: Christian Jauschowetz)
Hier in der Landeswarnzentrale wird das Knöpferl gedrückt, das den neuen Handy-Alarm auslöst.

Abstimmungsprobleme behoben
Trotz im Großen und Ganzen erfolgreichem Testlauf orten die Experten noch Bedarf zum Nachjustieren: Bei der Landesleitzentrale sollen etwa im Ernstfall alle relevanten Informationen gebündelt werden, egal wo eine Warnung ergeht, sagt Reinbacher. Schließlich ist es vor allem seine Institution, an die sich die Bevölkerung im Fall des Falles mit ihren Fragen wendet. Der Handy-Alarm selbst ist Behördensache, also bei der Landeswarnzentrale als Dienstleisterin für die Katastrophenschutzbehörde verortet. Die Testphase sei aber zur besseren Abstimmung genutzt worden, die Probleme seien „bis zum Wochenende gelöst“, ist Reinbacher überzeugt.

Höchste Zeit, denn am Samstag wird scharfgestellt. Den althergebrachten Zivilschutz-Probealarm, der jeden ersten Samstag im Oktober durchgeführt wird, nützt man heuer, um auch landesweit den „AT-Alert“ zu testen, dessen Probezeit mit diesem Stichtag endet. Um 12 Uhr erscheint dann folgende Nachricht auf den im Bundesgebiet eingewählten Handys: „Achtung Test – Österreichweite Testauslösung der Zivilschutzsignale über Sirenen und Testauslösungen von AT-Alert“. Dazu erklingt ein akustischer Warnton.

„Nicht zu Tode alarmieren“
Neben dem alljährlichen Probealarm versprechen die Verantwortlichen, das neue Instrument zurückhaltend einzusetzen. „Man muss auch aufpassen, dass man die breite Masse nicht zu Tode alarmiert“, gibt Reinbacher zu bedenken. Die dramatische Unwettersituation rund um den ersten „scharfen“ Alarm am 15. September ist in der Steiermark mit schweren Schäden, aber ohne Tote und Verletzte abgelaufen. Ob das auch auf den „AT-Alert“ zurückzuführen ist, lässt sich laut Leitzentrale noch nicht sagen. In ein bis zwei Jahren will man verlässliche Erkenntnisse dazu haben.

So funktioniert der neue Katastrophenalarm
„Bevölkerung hat auch eine Holschuld“

Erreicht etwa ein Unwetterereignis eine gewisse Gefährlichkeit, wird der Alarm ausgelöst. Das kann bei gewissen Windbedingungen, Schnee- oder Regenmengen der Fall sein. Die zuständige Landeswarnzentrale sowie der meteorologische Dienst Geosphere Austria geben grünes Licht, aufs „Knöpferl“ drückt in der Regel ein Disponent der Landeswarnzentrale nach Freigabe durch die Führungsebene.

Je nach Problemlage gibt es vorgefertigte Textbausteine, die an alle Handys veschickt werden, die in einem bestimmten Gebiet eingeloggt sind. „Cell Broadcast“ heißt die zugrunde liegende Technologie. Der Vorteil: Es muss keine App installiert werden, auch Registrierung ist keine notwendig. Das System garantiert vollständige Anonymität, es werden keine personenbezogenen Daten genutzt.

Heribert Uhl appelliert an die Eigenverantwortung. Prüfen Sie Ihre Benachrichtungseinstellungen! (Bild: Krone KREATIV/Screenshot, Zivilschutz Stmk, Stock Adobe)
Heribert Uhl appelliert an die Eigenverantwortung. Prüfen Sie Ihre Benachrichtungseinstellungen!

Höchste Stufe „Notfallalarm“ wird überall durchgeschaltet
Allerdings kann es je nach Handytyp und -alter notwendig sein, das Betriebssystem auf den neuesten Stand zu bringen, die Empfangstauglichkeit sowie Benachrichtigungseinstellungen zu prüfen. Nur Warnungen der höchsten Dringlichkeitsstufe („Notfallalarm“) werden davon unabhängig tatsächlich an alle Telefone verschickt und können nicht deaktiviert werden.

Heribert Uhl vom Zivilschutzverband spricht auch von einer Holschuld der Bevölkerung. Die Text-Warnungen enthalten zwar im Gegensatz zum Sirenenalarm spezifische Informationen und Verhaltenstipps, allerdings ist es in weiterer Folge Aufgabe jedes Einzelnen, sich via Medien auf dem Laufenden zu halten.

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