Nur vier Tage nach den Nationalratswahlen ist es zu einer Anti-FPÖ-Kundgebung gekommen. Tausende Menschen protestieren unter dem Motto „Es ist wieder Donnerstag“. Es kam zu temporären Verkehrssperren und Verkehrsableitungen im Demonstrationsbereich.
„Am 3.10. ist wieder Donnerstag“, so das Motto der am Donnerstagabend stattfindenden Demo gegen eine mögliche Regierungsbeteiligung der FPÖ. Die Initiative „Es ist wieder Donnerstag!“ knüpft damit an die Donnerstagsdemos aus den Jahren 2000 sowie 2018/19 an, die sich gegen die damalige ÖVP-FPÖ-Koalition richteten.
Ziel der Proteste war es bereits damals, auf die aus Sicht der Veranstaltenden bestehende Diskrepanz zwischen den Werten der FPÖ und den Grundprinzipien der verfassungsrechtlichen Demokratie hinzuweisen. Die Demonstrierenden machen damit von ihrem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit Gebrauch.
Protestzug gegen mögliche FPÖ-Regierungsbeteiligung
„Wir sehen es in unserer Verantwortung, rasch und nachdrücklich aufzuzeigen, dass wir und die Mehrheit in Österreich keine Regierungsbeteiligung der FPÖ wollen“, so Natalie Assmann, eine Sprecherin und Organisatorin, die schon bei den Demos im Jahr 2018 mitwirkte.
Kurzfristige Änderung der Route
Um etwa 19.30 Uhr zog die „Donnerstagsdemo“ durch die Wiener Innenstadt. Der Sammelort der Demonstrierenden war laut der Organisation zuerst um 18 Uhr vor dem Parlament im ersten Wiener Gemeindebezirk geplant, wurde am Dienstag aber kurzfristig geändert, da wegen einer geplanten Bundesratssitzung eine Bannmeile um das Parlament verhängt wurde. Der Start der Demo befand sich nun an der Hauptuniversität Wien am Schottentor.
Auf den Schildern der Demonstrierenden war unter anderem zu lesen „Zwickl statt Kickl“ oder „Volkskanzler ist so 1933“. Abgesehen von vereinzelten Protestierenden, die Pyrotechnik zündeten, dürfte die Demo ruhig verlaufen sein. Die LPD Wien war am Donnerstagabend für eine diesbezügliche Stellungnahme nicht zu erreichen.
Demonstrierende berichten von „friedlicher Stimmung“
Rund 25.000 Personen waren laut Veranstalter am Abend bei der zweiten Neuauflage der „Donnerstagsdemo“ durch die Wiener Innenstadt gezogen. Offizielle Zahlen der Polizei gibt es noch nicht.
Bevor sich die Demonstranten bei der Uni Wien in Bewegung setzten, hielten einige Aktivisten Reden, um das Ziel des Protests zu unterstreichen: keine Bundesregierung mit FPÖ-Beteiligung. „Die FPÖ ist ein Sicherheitsproblem“, wurde den Teilnehmern von der Moderatorin entgegengerufen.
Die Autorin Eva Geber sieht durch die FPÖ vor allem die Rechte der Frauen bedroht. Überall, wo sie regiere, würden Frauenrechte beschnitten. Das zeige etwa die Salzburger „Herdprämie“ genauso wie weniger Geld für den Gewaltschutz. Alon Ishay, Präsident der jüdischen Hochschülerschaft, widmete seine Rede dem Antisemitismus: „Bei jungen Juden und Jüdinnen läuten die Alarmglocken“. Das gehe so weit, dass er sich die Frage stelle, Österreich zu verlassen, sollte es einen blauen Kanzler geben: „Die Überlegung zu flüchten ist nicht impulsiv, sie ist überlegt und allgegenwärtig“.
Demonstrierende von vor Ort berichteten gegenüber der „Krone“ von einer sehr lockeren und friedlichen Stimmung. Laute Musik und Kundgebungsrufe begleiteten den Protestzug.
Politische Unterstützung erhielten die Protestierenden von den Wiener Grünen – auch diese waren vor Ort, um die Kundgebung zu unterstützen. Diese forderten auch die SPÖ Frauen zur Teilnahme der Demo unter dem Motto „Fix zam gegen rechts!“ auf.
Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus ist wichtig, auch um andere an ihre Versprechen vor der Wahl zu erinnern.
Grüne-Klubobfrau Sigrid Maurer
Bild: APA/TOBIAS STEINMAURER
Auch die Grüne Klubspitze mit Sigrid Maurer und Meri Disoski nahm an der Demo teil. Vor Beginn sagte die Grüne Klubobfrau: „Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus ist wichtig, auch um andere an ihre Versprechen vor der Wahl zu erinnern“, und spielte damit auf die Bekundungen mehrerer hochrangiger ÖVP-Vertreter an, nicht mit Herbert Kickl zu koalieren. „Das wichtigste Amt des Staates darf auch nicht in die Hände der Rechtsextremen gelangen“, widersprach sie ÖVP und SPÖ, die zuletzt meinten, die stimmenstärkste Partei solle den Nationalratspräsidenten vorschlagen.
Protestgeschichte von 25 Jahren
Die Donnerstagsdemos können dabei auf eine lange Protestgeschichte blicken. Bereits vor knapp 25 Jahren bei der Angelobung der ersten schwarz-blauen Koalition im Februar 2000 versammelten sich mehr als 150.000 Menschen vor dem Heldenplatz, um gegen die neue ÖVP-FPÖ-Regierung und deren befürchteten „Rassismus und Sozialabbau“ zu demonstrieren.
Die Demonstrierenden erwiesen sich dabei als standhaft, denn in den folgenden zwei Jahren fanden wöchentlich Kundgebungen mit tausenden Demonstrierenden statt. Die damaligen Teilnehmer konnten sich sogar Zutritt in das Hotel Marriott verschaffen, in dem der damalige FPÖ-Finanzminister Karl-Heinz-Grasser und ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel auftreten sollten. Bei sogenannten „Widerstandslesungen“ nahm unter anderem die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek teil.
18 Jahre später wurde der Protest wiederbelebt. Dieses Mal nahm die Protestaktion Grund zum Anlass für die damalige Türkis-Blau-Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz und FPÖ-Vizekanzler Heinz Christian Strache. Proteste fanden dabei nicht nur in Wien, sondern auch in Linz oder Innsbruck statt. Die Demos fanden ihr natürliches Ende, als die Ibiza-Affäre die Koalition sprengte.
Es ist ein total wichtiger Abend. Damit die vielen Menschen, die die FPÖ nicht gewählt haben, die Möglichkeit haben, ins Tun zu kommen.
Natalie Assmann, Sprecherin der Organisation „wiederdonnerstag“
Verzögerungen in der Wiener Innenstadt
Laut ÖAMTC kam es zu temporären Verkehrssperren und Verkehrsabteilungen im gesamten Demonstrationsbereich. Im Detail waren die gesamte Straßenbahnlinie 2 sowie der Verkehr am Wiener Ring betroffen. Zudem kam es zu Verspätungen in den Bereichen Schwarzenbergplatz, Karlsplatz, Rechte Wienzeile und Wiedner Hauptstraße. Auch in den angrenzenden Straßenzügen kam es zu Verzögerungen.
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