Der FPÖ steht nach ihrem Sieg bei der Nationalratswahl – hält man zumindest an der bisherigen Praxis fest – auch die Besetzung des Nationalratspräsidenten oder der -präsidentin zu. Fix ist, dass Norbert Hofer nach seiner Designierung als Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Burgenland nicht im Präsidium verbleiben wird. Als aussichtsreichste Kandidaten werden der blaue Volksanwalt Walter Rosenkranz, Susanne Fürst und Klubdirektor Norbert Nemeth gehandelt.
Die Nationalratswahl am 29. September hat auch das Kräfteverhältnis im Nationalrat maßgeblich verschoben. Als zuletzt stärkste Fraktion stellte die ÖVP mit Wolfgang Sobotka den Nationalratspräsidenten, der sich nun zurückzieht. Dritter Nationalratspräsident war Hofer, der sich mit seinem Wechsel ins Burgenland aus dem Rennen genommen hat. Ein möglicher FPÖ-Nationalratspräsident bräuchte noch immer eine Mehrheit. Dass die Blauen künftig die Parlamentsspitze besetzen, haben zuletzt die Grünen infrage gestellt.
Blaue Personalrochaden möglich
Feststehen müssen die Kandidatinnen oder die Kandidaten für das dreiköpfige Präsidium vor der konstituierenden Sitzung des Nationalrats am 24. Oktober. Kickl hatte zuletzt im Parteivorstand klargemacht, dass seinen Vorschlag erst kurz davor, wahrscheinlich in der Klubsitzung, machen will. Schwierig ist die Wahl auch, da eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen längst nicht als gegeben gilt und es dann noch Personalrochaden geben könnte.
Rosenkranz, Fürst oder Nemeth aussichtsreich
Die besten Aussichten soll nach Hofers Wechsel ins Burgenland der jetzige Volksanwalt Rosenkranz haben. Ihm wird nachgesagt, sein Mandat für den Nationalrat annehmen zu wollen. Zudem dürfte Rosenkranz auf relativ wenig Widerstand bei den anderen Fraktionen stoßen – und das, obwohl er Mitglied der akademischen Burschenschaft Libertas ist. Rosenkranz könnte aber auch abermals Klubchef im Nationalrat werden, sollte es tatsächlich einen Bundeskanzler Kickl geben. Er war dies bereits in der türkis-blauen Regierung.
Gute Aussichten hat auch die bisherige Verfassungssprecherin der FPÖ im Nationalrat und U-Ausschuss-Mitglied Susanne Fürst. Sie war bereits als Bundespräsidentschafts-Kandidatin gehandelt worden. Fürst zählt zur ideologischen Speerspitze der Freiheitlichen, vor der Wahl hatte sie die ÖVP eingeladen, gemeinsam mit ihrer Partei an der „Festung Österreich“ zu bauen, also an einem strengeren Migrationskurs. Fürst ist auch im blauen Sondierungsteam vertreten.
Zu den blauen Verhandlern zählt auch wieder FPÖ-Klubdirektor Nemeth. Er soll in seiner jetzigen Funktion unumstritten sein. Geht es allerdings um das Amt des Nationalratspräsidenten, dürfte es wohl Widerstand geben: Nemeth ist Mitglied der Burschenschaft Olympia. Auch sein Parteikollege Martin Graf war deswegen vor seiner Kür zum Dritten Nationalratspräsidenten im Jahr 2008 auf heftigen Widerstand gestoßen. Beide sollen zuletzt bei einem Begräbnis ein auch von der Waffen-SS oft verwendetes Lied gesungen haben.
Kickl selbst könnte Amt übernehmen
Aber auch die Option, Kickl könnte selbst Nationalratspräsident werden, sollte man nicht ganz ausschließen, hieß es selbst aus der FPÖ. Möglicherweise will sich der Parteichef nicht nachsagen lassen, eine FPÖ-Regierung sei wegen seiner Person gescheitert. Zuletzt hatte Kickl aber betont, nicht den gleichen Fehler wie einst sein politisches Vorbild Jörg Haider machen zu wollen, der versucht hatte, von Kärnten aus auf Zuruf mitzuregieren, was schließlich sogar die FPÖ sprengte und zur Gründung des BZÖ unter Haider führte.
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