Zu früher Pensionsantritt, zu hoher Anteil an in Teilzeit Arbeitenden. Bei den Wirtschaftsexperten klingeln, was unser Pensionssystem betrifft, sämtliche Alarmglocken. Musterschüler Skandinavien zeigt vor, wie es gehen könnte.
Auch bei den künftigen Regierungsverhandlungen (siehe Politik) zwischen ÖVP, SPÖ und einem möglichen dritten Partner sind die Pensionen im maroden Budget der größte Brocken. Deshalb stellen sich sämtliche Experten des Landes eine besonders wichtige Frage: Wie geht es weiter mit Österreichs Pensionssystem?
Tatsächlich ist die Frage nach der Zukunft der Pensionen eine der drängendsten und sollte – unabhängig davon, wer jetzt eine Regierung bildet – ganz oben auf der Agende derjenigen stehen. Auch wenn für ÖVP und SPÖ allein das Wort „Pensionsreform“ ein Tabu zu sein scheint, wird man um eine Reform des Systems nicht herumkommen.
Wir gehen viel früher in Pension als die Nachbarn
„Wenn wir nicht rasch gegensteuern, fahren wir unser Pensionssystem gegen die Wand“, ist sich die Präsidentin der oberösterreichischen Wirtschaftskammer, Doris Hummer, sicher. Die geburtenschwächsten Jahrgänge könnten den Abgang der Babyboomer-Generation nicht mehr abfangen, meint sie. Auch die Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jährigen treibt der Wirtschaft die Sorgenfalten auf die Stirn. In Österreich liegt jene bei 57,3 Prozent – einer der niedrigsten Werte in der gesamten EU, deren Schnitt bei 63,9 liegt.
Schweden gilt mit 78 Prozent als Musterschüler, auch die Niederlande und Deutschland weisen mit Werten weit jenseits der 70 Prozent eine viel höhere Beschäftigungsquote der älteren Generation auf. Grund für jene niedrige Quote sind die zahlreichen vorzeitigen Ruhestände im Land.
Männer gehen im Schnitt immer noch mit 61,6 Jahren (statt dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter von 65 Jahren), Frauen mit 60,9 Jahren in den Ruhestand. 200 Millionen an Kostenersparnis würde es allein bringen, so Doris Hummer, wenn es gelänge, das Antrittsalter von Männern und Frauen um nur einen Monat zu erhöhen.
Zu hohe Teilzeitquoten für dauerhafte Stabilisierung
Einen weiteren Grund für die Probleme, die Abgänge der Älteren auszugleichen, sehen Ökonomen an der Teilzeitquote (siehe auch Grafik oben). Der Trend dazu – auch aufgrund der recht guten Bezahlung im Vergleich zur Vollzeit – hält an. 30 Prozent nehmen sie in Anspruch, wobei die Lücke zwischen Männern und Frauen auffällt. 9,3 Prozent der Männer arbeiten Teilzeit, während 28,4 Prozent der kinderlosen Frauen (Alter 25 bis 49) keine Vollzeitstelle für sich beanspruchen. Dass 57,3 Prozent der Frauen mit Kind nur Teilzeit arbeiten können, überrascht dagegen nicht.
Pensionszuschüsse durch Steuern steigen
Dass all das unser Budget belastet, ist klar. Die Pensionszuschüsse durch Steuern werden sich von 2022 bis 2026 von einem Viertel auf knapp ein Drittel des Staatsbudgets summieren. 29,5 Milliarden Euro fließen aktuell in die Pensionen, 2027 werden schon 35,23 Milliarden Euro erwartet. Das geht auf Kosten wichtiger Bereiche. Für Familien sollen 2027 „nur“ 9,97 Milliarden vorhanden sein, für Bildung 12,43 und für Wissenschaft 7,17 Milliarden. Zusammen nicht einmal so viel, wie für die Pensionen ausgegeben wird.
„Das kann sich nicht ausgehen“, warnt Hummer eindringlich. Gefordert wird daher, frühzeitige Pensionierungen nur noch bei krankheitsbedingten Einschränkungen und zahlreiche Maßnahmen im Rehabilitationsbereich, um Menschen länger im Erwerbsleben zu halten.
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