Bad Ischl und das Salzkammergut in den Bundesländern Oberösterreich und Steiermark bildeten seit Jänner 2024 die erste Europäische Kulturhauptstadt im ländlichen Raum. Jetzt liegt die Jahresbilanz vor. Man jubelt über mehr als 600.000 Besucherinnen und Besucher und eine Steigerung im Tourismus. Aber reicht das?
Frostig war es, als am 21. Jänner 2024 die Kulturhauptstadt Bad Ischl – Salzkammergut mit dem nackten Pudertanz eröffnet worden ist. Er löste heftige Debatten in den Sozialen Medien aus, die bis dato nicht verstummt sind. Jetzt ist beinahe ein Jahr vorbei und wieder ist es frostig in Bad Ischl.
Man trifft sich im Lehártheater, das noch auf die Sanierung wartet, und zieht Bilanz über das Mega-Kulturevent, das ein Jahr lang von 23 Gemeinden im steirischen und oberösterreichischen Salzkammergut getragen worden ist.
Noch ist nicht alles ausgezählt
Man verzeichnete bis dato 600.000 BersucherInnen, 200 eigene Projekte wurden umgesetzt, 100 sogenannte „assoziierte Projekte“. Der Auszählungsgrad liegt aktuell allerdings erst bei 58 %. Zum Vergleich: Die Kulturhauptstadt Linz09 verzeichnete damals insgesamt rund 2,8 Millionen Besucher.
„Nicht mit Geld aufzuwiegen“
Dennoch ist man sehr zufrieden. Immerhin wurde die Kulturhauptstadt erstmals dezentral, in einer ländlichen Region durchgeführt. „Unser Resümee: Kunst ist eine gestaltende Kraft, sie ist kein Privileg für Eliten, nicht ersetzbar und nicht mit Geld aufzuwiegen“, betont Intendantin Elisabeth Schweeger.
Sie wehrt sich auch dagegen, dass man die „Resonanz“ allein auf „eine Tanzperformance“ (den Pudertanz) reduziere: „Was die Kulturhauptstadt Europas dieser Region hinterlässt, sind etliche neubelebte Museen und bisherige Leerstände, die revitalisiert und zu Kunstorten umfunktioniert wurden.“
Zugegebenermaßen keine monumentalen neuen Bauwerke, aber das war angesichts der vergleichsweise bescheidenen Mittel auch nicht geplant.
Intendantin Elisabeth Schweeger:
Sparsam bei der Umsetzung
Das aktuelle Budget der Kulturhauptstadt Bad Ischl – Salzkammergut 2024 GmbH beträgt 31 Mio. Euro. Laut Manuela Reichert, Kaufmännische Geschäftsführung, hat die Kulturhauptstadt „ihre Finanzressourcen bestmöglich eingesetzt“. Gut die Hälfte wurde für Kulturprojekte budgetiert und verbraucht. Die Personalkosten liegen bei knapp 7 Mio. Euro, was sparsam sei bei einer Umsetzung von 200 Projekten.
Leitprojekte in Kooperation mit Linzer Museen
Als Beispiel für eine erfolgreiche Belebung durch die Kulturhauptstadt kann man etwa das Sudhaus in Ischl nennen, das in Kooperation mit den Salinen Austria für die Ausstellung „Kunst mit Salz & Wasser“ revitalisiert worden ist. Hier zählte man 24.762 BesucherInnen.
Leitprojekte entstanden in Kooperation mit Linzer Museen. Das Kunstmuseum Lentos Linz trug drei Ausstellungen zum Kulturhauptstadtjahr bei, „Die Reise der Bilder“ im Lentos, sowie Ausstellungen in Bad Aussee und Lauffen. „Das Projekt war eine intensive Auseinandersetzung mit der Rolle des Salzkammerguts im Kontext von Kunstraub und Bergung während des Zweiten Weltkriegs“, sagt Lentos-Chefin Hemma Schmutz. Rund 50.000 Gäste besuchten die drei Schauen.
Nachhaltige Wegbereiter für nächste Highlights
Die OÖ Landes-Kultur GmbH (OÖLKG) blickt ebenfalls auf ein „erfolgreiches Kulturhauptstadtjahr“. Die Ai-Weiwei-Ausstellung „Transcending Borders. Dialog mit der Hallstattkultur“ im Marmorschlössl und den kaiserlichen Stallungen in Bad Ischl zählte 58.868 Besucher, die Ausstellungen der Academy of Ceramics in Gmunden bisher rund 27.000. Beide Locations will die OÖLKG nächstes Jahr mit Arbeiten von Erwin Wurm bespielen.
Auch der Tourismus ist zufrieden
„Kultur ist ein starkes Reisemotiv für Oberösterreich“, betont Andreas Winkelhofer, Geschäftsführer, Oberösterreich Tourismus. Durch die Kulturhauptstadt entstanden allein in der Tourismusbranche 200 neue Arbeitsplätze, obwohl in vergleichbaren Regionen in Oberösterreich die Beschäftigung rückläufig war.
Auch die Zahl der Ankünfte in der Regionstieg laut Tourismusstatistik: Rund 1,56 Mio. Ankünfte der Übernachtungsgäste wurden vom Jänner bis Oktober 2024 im gesamten Salzkammergut (Oberösterreich, Salzburg und Steiermark) registriert, das sind um 3,6 Prozent mehr als im Jahr davor. Die Zahl der Nächtigungen legte um 2,2 Prozent auf rund 5 Mio. zu.
Ein Blick auf Social Media
Die Salzkammergut Culture Guide App, die im April herauskam, kommt auf 5400 Downloads, die Website bekam österreichweit 191.862 und international 51.432 Aufrufe. Auf Facebook hatte die Kulturhauptstadt 15.037 Follower.
Noch ist nicht alles vorbei
Am Samstag, 30. November, gibt es noch eine große Abschlussveranstaltung: Die Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut und die OÖ KulturEXPO Anton Bruckner feiern von 11 bis 20 Uhr im ALFA Laakirchen-Steyrermühl das Super-Kulturjahr, das nun zu Ende geht. Am Programm stehen Konzerte, Theater, Kinderprogramm, Lesungen, Vernissagen, ein Kino-Raum und Kulinarisches.
Übrigens: Die nächste Kulturhauptstadt Europas heißt Chemnitz in Deutschland, das im kommenden Jahr mit etwa 150 Projekten und 1000 Veranstaltungen aufwartet.
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