Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und den Grünen hat der Nationalrat am MIttwoch gleich vier FPÖler ausgeliefert. Nachdem der Immunitätsausschuss am Vormittag bereits zugestimmt hatte, entschied auch das Plenum, die parlamentarische Immunität von Parteichef Herbert Kickl sowie den Abgeordneten Martin Graf, Norbert Nemeth und Harald Stefan aufzuheben. Damit ist die Staatsanwaltschaft am Zug.
Konkret ging es um zwei Anträge, die unterschiedliche Vorwürfe behandelten.
Gegen Kickl will die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen des Verdachts der Falschaussage im U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ im April, unter anderem zu Inseraten der Freiheitlichen und zur Werbeagentur „Ideenschmiede“, ermitteln.
FPÖ spricht von „Verfolgungsjustiz“
Dass die FPÖ dem Ersuchen zur Auslieferung Kickls nicht zustimmte, begründete FPÖ-Mandatar Christian Ragger damit, dass Kickl seine Aussage im U-Ausschuss als Klubobmann getätigt hatte, nicht als Innenminister. Damit genieße er den Schutz der Immunität. Ragger sah „Verfolgungsjustiz“ durch die Regierungsparteien.
Kickl sei zu seiner Zeit als Innenminister befragt worden, der Schutz durch die parlamentarische Immunität greife also nicht, konterte Christoph Zarits (ÖVP). Selma Yildirim (SPÖ) betonte, dass die Immunität nicht dafür da sei, dass sich Abgeordnete dahinter verstecken können, die im Verdacht stehen, eine strafbare Handlung getätigt zu haben.
Verdacht der Wiederbetätigung
Im Fall der blauen Abgeordneten Graf, Nemeth und Stefan steht laut Staatsanwaltschaft Wien der Verdacht der Wiederbetätigung im Raum. Es geht um die Teilnahme der freiheitlichen Mandatare am Begräbnis des einstigen FPÖ-Politikers Walter Sucher. Dort soll laut eines „Standard“-Berichts ein Treuelied der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS) gesungen worden sein. Nach Angaben der FPÖ wurde jedoch eine Version von 1814 verwendet, die historisch unbelastet sein soll.
FPÖ-Abgeordneter Wendelin Mölzer wies darauf hin, dass es Parallelversionen mit verschiedenen Texten gäbe. Der Staatsanwaltschaft attestierte er, sich nicht ausreichend über das Lied informiert zu haben – andernfalls wäre sie seines Erachtens zu dem Schluss gekommen, dass es keinen Anfangsverdacht gibt.
Der Besuch der Beerdigung des früheren Wiener FPÖ-Bezirksrats und „Alten Herrn“ der deutschnationalen Burschenschaft Olympia, Walter Sucher, gehöre nicht zur Tätigkeit eines Nationalratsabgeordneten, argumentierte dagegen Lukas Hammer (Grüne).
Diskussion um Vorsitzführung von Nationalratspräsident Rosenkranz
Debattiert wurde auch über die Art der Vorsitzführung Rosenkranz‘. Die Behauptung des ÖVP-Abgeordneten Wolfgang Gerstl, die Auslieferungsbegehren aufgrund des Verdachts der Wiederbetätigung seien „auf komische Art und Weise im Büro des Nationalratspräsidenten liegen geblieben“, bestritt Rosenkranz.
Er kündigte medienrechtliche Verfahren an, die diesen Vorwurf entkräften sollen. Dass er meinte, Gerstl könne sich nach diesen Verfahren bei ihm entschuldigen, sei allerdings keine Ankündigung eines gerichtlichen Verfahrens gegen den ÖVP-Abgeordneten, sagte der Nationalratspräsident. Das hatte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker zuvor so aufgefasst. Stocker erklärte deshalb, Rosenkranz habe „unser Vertrauen nicht nur über die Maßen in Anspruch genommen, sondern auch verloren.“
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