Nach dem Platzen der Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ und den NEOS ist Karl Nehammer als ÖVP-Chef zurückgetreten. Nun gibt er auch sein Amt als Bundeskanzler ab – nach 1131 Tagen.
Nehammer war mit breiter Rückendeckung seiner Partei in das Amt gegangen, bei seiner ersten Wahl zum ÖVP-Obmann im Mai 2022 gab es 100 Prozent der Stimmen für ihn. Schlechte Wahlergebnisse brachten immer wieder Spekulationen über eine Rückkehr seines Vorgängers Sebastian Kurz, der der Volkspartei jahrelang Wahlerfolge beschert hatte. Dieser war nach Korruptionsvorwürfen einer Abberufung durch den Nationalrat mit einem Rücktritt zuvorgekommen.
Etwas kürzer als Kurz gedient
Es war Kurz‘ zweiter Rücktritt, nachdem der Nationalrat die türkis-blaue Regierung nach der Ibiza-Affäre und dem Ende der türkis-blauen Regierung am 27. Mai 2019 abgewählt hatte. Damals übernahm ein von Brigitte Bierlein geführtes Expertenkabinett die Regierungsgeschäfte. Nach dem ÖVP-Wahlsieg und der Verhandlung einer Koalition mit den Grünen kehrte Kurz am 7. Jänner 2021 ins Kanzleramt zurück. In Summe kam er auf 1168 Amtstage.
Damit stand der 52-Jährige etwas kürzer an der Regierungsspitze als sein Vorgänger. Der bisher längst dienende Bundeskanzler war Bruno Kreisky (SPÖ), der von April 1970 bis Mai 1983 – etwas mehr als 13 Jahre – die SPÖ-Alleinregierungen anführte. Auf die zweitlängste Amtsperiode kommt Franz Vranitzky (SPÖ) mit zehneinhalb Jahren im Kanzleramt vor Julias Raab (ÖVP) mit acht sowie Werner Faymann (SPÖ) und Leopold Figl (ÖVP) mit jeweils über sieben Jahren. Figl wurde 1945 angelobt und war der erste reguläre Bundeskanzler der nach 1945.
Löger führte 6 Tage lang provisorisch die Regierung
Zuvor hatte Karl Renner (SPÖ) die provisorischen Regierungsgeschäfte als „Staatskanzler“ geführt. Renner war mit gut sieben Monaten auch einer der bisher kürzest dienenden Regierungschefs der Zweiten Republik. Noch kürzer war nur Brigitte Bierlein im Amt, die Übergangskanzlerin nach der Ibiza-Affäre. Kurz‘ unmittelbarer Vorgänger Christian Kern (SPÖ) brachte es auf etwas über eineinhalb Jahre.
Nicht einbezogen wurden in der Rangliste die nach Rücktritten provisorisch mit der „Fortführung der Geschäfte“ betrauten Regierungschefs. Hier trägt Hartwig Löger die rote Laterne: Der ÖVP-Finanzminister sprang nach Kurz‘ Amtsenthebung bis zur Angelobung von Bierleins Beamtenregierung ein – und war nur sechs Tage, von 28. Mai bis 3. Juni, im Amt.
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