Überall suchen Wirte und Gastronomen nach Personal. Obwohl laut AMS Steiermark weit weniger Arbeitsplätze zur Verfügung stehen als im Vorjahr und es deutlich mehr Menschen gibt, die einen Job in dieser Branche suchen. Warum ist das so?
995 freie Stellen wollen laut Arbeitsmarktservice Steiermark (AMS) aktuell in der steirischen Gastronomie und Beherbergung besetzt werden. Das entspricht einem Minus von 7,7 Prozent im Vergeleich zum Vorjahr. Dem gegenüber stehen 3761 Arbeitslose (plus 12,7 Prozent). Dennoch müssen steirische Gastronomen bei der Frage, ob sie genügend geeignetes Personal beschäftigen können, erstmal ordentlich durchschnaufen. Um dann auszuholen: „Die Gastronomie hatte schon immer Schwierigkeiten, passende Kräfte zu finden. In den letzten Jahren ist es aber viel schlimmer geworden“, klagt Richard Kaufmann vom Gasthaus Kaufmann in Jagerberg.
„Arbeiten dann, wenn andere frei haben“
Doch warum ist das seiner Meinung nach so? „Die Dienstzeiten sind natürlich nicht sehr familienfreundlich. Wir arbeiten dann, wenn andere frei haben. Viele scheuen Wochenend- und Abendarbeit. Aber in anderen Berufen ist das selbstverständlich, deswegen verstehe ich das nicht.“ Das Argument, dieser Bereich sei nicht gut bezahlt, weist er zurück: „Der Kollektivvertrag ist jetzt zugegebenermaßen nicht sehr attraktiv. Aber ich und viele andere zahlen ohnehin über. Ja, manchmal ist es natürlich sehr anstrengend mit den Gästen, seit Corona sind alle sensibler geworden. Man muss wirklich gut mit Menschen können.“ Kaufmann ist aktuell vor allem auf der Suche nach einer Küchenhilfe. „Sie muss nicht vom Fach sein, bekommt alles bei uns angelernt. Der Wille zählt, und wir versuchen unsere Mitarbeiter gut einzuteilen und ihre Wünsche zu erfüllen“
Alles andere als einfach sieht auch Gastronomin Leyla Dag die Situation, die ihr Lokal in Vogau betreibt und demnächst ein weiteres im Leibnitzer Kindermann-Zentrum eröffnet. Da gibt es allerdings noch einiges zu tun, vor allem die Personalsuche bereitet ihr Kopfzerbrechen: „Ich suche alles – angefangen beim Koch, Kellner, Frühstücksdamen, Barkeeper bis hin zur Reinigungskraft.“ Das Problem sieht sie bei zu hohen Förderungen des AMS und auch verursacht durch die Corona-Pandemie: „Viele können mit Menschen nicht mehr umgehen, haben die Nerven einfach nicht mehr.“ Für Leyla Dag eine traurige Entwicklung. Denn: „Ich habe ein super Team, auch in meinem neuen Lokal wird das so sein. Im Kindermann-Zentrum sind so viele Personen unterwegs, alleine das Trinkgeld wird sehr lukrativ ausfallen. Im Gegenzug sollen meine Gäste hochwertigst bedient werden. Service am Menschen ist eine Bereicherung, meine Mitarbeiter sollen das leben.“
Viele scheuen Wochenend- und Abendarbeit. Aber in anderen Berufen ist das selbstverständlich, deswegen verstehe ich das nicht.
Richard Kaufmann
Nicht beklagen kann sich Daniel Freismuth. Der Steirer leitet mit seinem Partner zehn Hotellerie- und Gastronomiebetriebe, wie etwa das Kurhaus und die Therme Bad Gleichenberg oder die Delikaterie mit rund 400 Mitarbeitern und kann vom Gegenteil berichten. „Bei uns bewerben sich mehr als es offene Stellen gibt. Wir haben sicher den Vorteil, dass wir unseren Fachkräften aufgrund unserer Größe sehr viele Benefits bieten können. Aber natürlich sind Arbeiten am Wochenende oder am Abend ein großes Thema. Und ja, junge, engagierte Mitarbeiter kommen jetzt nicht in rauen Mengen nach. Unsere Lehrlingszahlen sind aktuell aber stabil“, räumt er ein.
Wenn man keine jungen Fachkräfte ausbilden will, darf man sich nicht über die Situation beschweren.
Daniel Freismuth
Suboptimal aus seiner Sicht: „Natürlich kommen viele Mitarbeiter aus benachbarten Ländern. Das wird sich in den nächsten Jahren noch verschärfen“, ist er überzeugt. Warum ist das so? „Wenn man keine jungen Fachkräfte ausbilden will, darf man sich nicht über die Situation beschweren.“ Geeignetes Personal bekomme man eben nur dann, wenn man diesem auch etwas bieten könne. Und wenn man etwa darauf achtet, geregelte Dienstpläne zu erstellen, dass genügend Ruhetage eingeplant sind und der Umgang miteinander ein menschlicher sei: „So wie das bei uns der Fall ist. Bei uns werden rohe Diamanten geschliffen!“
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