Hans Peter Doskozils Erfolg im Burgenland befeuert erneut die Debatte über Führung und Kurs der Sozialdemokratie. Doch ein Flächenbrand bleibt aus – die SPÖ bleibt tief gespalten. Parteichef Andreas Babler könnte dasselbe Schicksal ereilen wie einst Pamela Rendi-Wagner.
Für eine Palastrevolution fehlt in der SPÖ sowohl die Einigkeit als auch die Persönlichkeit. Die Partei verharrt in stiller Lethargie. Im Vorstand nach dem Bruch der Zuckerl-Verhandlungen gab es keinerlei Kritik. Die einzige kritische Wortmeldung – geäußert von Mitverhandlerin und Grand Dame Doris Bures – blieb unbeachtet.
Doskozil redet bei Bundespartei nur von außen mit
Doskozil redet in den Bundesparteigremien nicht mit, er hat sich schon vor längerer Zeit zurückgezogen. Mit der Wiener SPÖ ist er unversöhnlich zerstritten. Nach seinem Wahlerfolg wird er sich weiterhin nur von außen kritisch äußern. Damit wird in der Sozialdemokratie vorerst alles bleiben, wie es ist. Bis zur Wien-Wahl ist keine Veränderung zu erwarten – darin sind sich alle Beobachter einig.
SPÖ ist im Westen unter der Wahrnehmungsschwelle
Im Westen ist die Sozialdemokratie unter die Wahrnehmungsschwelle gesunken, in Salzburg wird seit Monaten vergeblich ein neuer Parteichef gesucht. Die einzige schillernde Persönlichkeit, der Tiroler Georg Dornauer, musste nach einem Jagdabenteuer mit Pleitier René Benko den Hut nehmen. Lebenszeichen gibt es nur im Osten, da kochen aber sowohl die Wiener SPÖ als auch Doskozil ihr eigenes Süppchen. Es gibt keine gemeinsame Erzählung. Die Kraft, die SPÖ zu erneuern, hat Doskozil nicht. Seine Verbündeten sind schwach.
Rotes Dreiländereck
Die Westachse der SPÖ, bestehend aus den Landesparteien in Tirol, Salzburg, Ober- und Niederösterreich wurde durch die Rücktritte von gleich drei von vier Landesparteichefs zerschlagen. Nun formiert sich mit Niederösterreich und der Steiermark ein neues Lager um den burgenländischen Landeshauptmann. Während Gratulationen aus der Bundespartei erst mit großer Verspätung kamen und nun Ex-Ex-Ex-Parteichef Werner Faymann Doskozil gratulierte, waren Doskozils Freunde aus der Steiermark und Niederösterreich nach Eisenstadt gekommen.
Doskozils Freund Lercher ist zurück
Gleich als einer der ersten SPÖ-Promis traf am Sonntag Max Lercher im Landhaus ein. Lercher war SPÖ-Bundesgeschäftsführer unter dem roten Ex-Kanzler Christian Kern und wurde nach einer kurzen Pause in der Spitzenpolitik dem schlechten Abschneiden der SPÖ in der Steiermark zum roten Landesparteichef in der Grünen Mark. Er gilt als enger Vertrauter Doskozils – genauso wie Wolfgang Zwander. Der ehemalige Sprecher von Kern arbeitete lang im Burgenland und ist seit 2023 Landesparteigeschäftsführer der SPÖ in Niederösterreich. Das gute Abschneiden der SPÖ im Burgenland hat auch das Lager um Doskozil und Christian Kern rund um Wien gestärkt.
„Doskonomics“: Burgenlands Landeshauptmann erntet für seine „soziale Wirtschaftspolitik“, auch „Doskonomics“ genannt, von Experten und der Opposition viel Kritik. Bei der Bevölkerung kommt die fürsorgliche Verstaatlichung gut an. Doskozil investiere das Geld lieber Zuhause, als es nach Brüssel zu schicken oder für Raketen für die Ukraine auszugeben, so der Volksmund. Wie sich die Anstellung von Pflegekräften, der Aufkauf insolventer Unternehmen und zahlreiche Gratisleistungen in der Kinderbetreuung finanziell am Ende ausgehen wird, weiß wohl nur Doskozil selbst.
Kantiger Migrationskurs: Der kantige Migrationskurs ist Doskozils zweites Merkmal. In den Ländern wird zwar in Sachen Zuwanderung nicht viel entschieden, der Landeshauptmann hat es aber trotzdem geschafft, sich das Image eines sanften Scharfmachers aufzubauen. Damit hält er viele Wähler, die der FPÖ zugeneigt sind.
Persönlichkeit: Doskozil kommt nicht zuletzt auch mit seiner Persönlichkeit gut an. Er ist dominant und gilt als „Macher“. Er setzt das um, was er für richtig hält. Das wird von den Wählern goutiert. 44 Prozent geben an, dass sie die SPÖ für ihre „gute Arbeit“ gewählt haben, 22 wegen der Persönlichkeit Doskozils. Auf Platz drei der Wahlmotive kam bei der SPÖ jenes der Stammwählerschaft mit 11 Prozent.
Die Wahrscheinlichkeit, dass nach der Wien Wahl in der SPÖ ein Umbruch kommt, ist nicht sehr groß. Ganz im Gegenteil, wird sich Babler als Gegenpol zur blau-schwarzen Regierung positionieren und damit vielleicht sogar bis zur nächsten Wahl halten. Seine bisher erfolglose Linie könnte mit einer rechten Bundesregierung besser funktionieren. Wie schon bei seiner Vorgängerin Rendi-Wagner werden seine Gegner auf die nächste Niederlage warten, um ihn abzumontieren.
Lage ist für Babler nicht einfacher geworden
Mit der gleichen Masche wird Michael Ludwig in Wien voraussichtlich passabel abschneiden und Bürgermeister bleiben. „Die Lage ist für Babler mit dem Erfolg von Doskozil nicht einfacher geworden“, sagt Politikberater Thomas Hofer. „Durch die Übernahme der steirischen SPÖ durch Max Lercher, den kritischen Niederösterreichern und den Wienern, die ihn mehr dulden als lieber, ist er ein bisschen umzingelt.“
Die Frage sei nur, ob sich die vielen Kritiker Bablers, auf einen anderen einigen können. Viel mehr scheine es so zu sein, dass sich die SPÖ vor dem Beginn einer längeren Oppositionsphase befindet. Da sei es nicht sehr wahrscheinlich, dass ein Neuer übernimmt. Den Gegnern Bablers fehlt die gemeinsame Strategie.
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