Die heimische Spitzenpolitik knüpfte in der ersten Plenarsitzung des Jahres nahtlos an die letzten des Vorjahres an. Trotz durch das Ende der Verhandlungen für die Zuckerl-Koalition veränderter Vorzeichen wurde heftig debattiert und gestritten.
Erste Plenarsitzung im neuen Jahr. Die siebente in der laufenden Legislaturperiode. Geprägt von Emotionen. Heftige Vorwürfe fliegen durch das Hohe Haus. Geplatzte Koalitionsträume zum Dreier aus ÖVP, SPÖ, NEOS sowie ein mehr als mutmaßlicher FPÖ-Kanzler Herbert Kickl wirken intensiv. Mittendrin Wiedereinmal-Kurzzeitkanzler Schallenberg, Alexander der II. quasi, mit einer staatsmännischen Rede.
SPÖ-Chef Babler in neuer Rolle
Er mahnt zur Einigkeit in schwierigen Zeiten, zur Einhaltung von Menschenrechten, verweist auf die Potenziale Österreichs und verdeutlicht, dass sein Land stabiler und verlässlicher Partner bleiben werde. Und verwehrt sich in diesem Kontext – wohl in Richtung FPÖ gemeint, mit der er selbst definitiv nicht regieren will - gegen eine „Zugbrücken-Hoch-Mentalität“. Die wohlgemeinten Worte werden vernommen, doch die anderen gelüstet es nach Abrechnung. Bei der aktuellen Stunde zum Budget geht es hoch her.
SPÖ-Chef Andreas Babler und die Seinen sparen nicht mit Attacken gegen die ÖVP sowie FPÖ-Kanzler in spe Herbert Kickl. Man hält Schwarz und Blau von gegenseitiger Abneigung triefende Zitate aus der jüngeren Vergangenheit vor. Babler zu Kickl: „Über den Swingerklub der Machtlüsternen haben Sie gewettert, heute swingen Sie schön mit.“ Es geht hin und her, auch die Grünen meckern mit. Wer hat Schuld am innenpolitischen Chaos der letzten Monate? Die ÖVP um Chef Christian Stocker und die NEOS haben Babler und sein Umfeld ausgemacht. Aber auch SPÖ-intern gibt es zum Teil diesen Fokus, wie die „Krone“ von frustrierten Verhandlern erfuhr.
Kucher: „Verhindern Sie Kickl“
Der rote Abgeordnete Kai Jan Krainer wiederum schießt gegen die Kanzlerpartei – auch gegen Interimsfinanzminister Gunter Mayr, der für die Misere wohl wenig kann. Dieser sei kein Finanzminister, sondern „Propagandaminister“. Raunen im Plenum. Die Gangart wird beibehalten. Mayr und ÖVP kontern mit dem 6,39-Milliarden-Sparpaket, mit dem ein EU-Defizitverfahren abgewendet werden konnte.
„Ich kenne kein einziges EU-Land, das sich freiwillig antun würde“, so Mayr. Viele nun anvisierte Maßnahmen seien Grundlage der Verhandlungen zur Zuckerl-Koalition gewesen. „Die sollte Herr Babler kennen.“ Die FPÖ hingegen verweist auf den „Dreitage-Verhandlungserfolg“ beim Budget, was die anderen davor in 3 Monaten nicht gelungen sei. SPÖ-Klubchef Philip Kucher zum ÖVP-Chef Christian Stocker: „Gehen Sie in sich und verhindern Sie Volkskanzler Kickl.“ Wird wohl nicht passieren.
Beschlossen wurde an diesem intensiven Tag nichts Produktives, dafür aber Grundsätzliches. So etwa, dass die grüne Generalsekretärin Olga Voglauer nicht vom Nationalrat ausgeliefert wird. Grund für den entsprechenden Antrag des Landesgerichts Klagenfurt war eine Privatanklage wegen übler Nachrede des Rechtsextremisten Martin Sellner, dem sie das Zeigen des Hitlergrußes unterstellt hatte.
Den wohl einzigen Satz, den alle Beteiligten unterschreiben würden, ist die Conclusio aus Schallenbergs Beitrag: „Die kommende Bundesregierung wird alle Hände voll zu tun haben.“
Schwarze Rochaden
Gesprochen wird in der ÖVP aber auch über Funktionäre, die (noch) nicht im Nationalrat sitzen. So etwa der neue Generalsekretär Alexander Pröll. Wie die „Krone“ erfuhr, gab es Pläne, dem Sohn des ehemaligen ÖVP-Vizekanzlers Josef Pröll „so wie es sich für einen Generalsekretär gehört“, auch einen Sitz im Nationalrat zu verschaffen. Frei geworden ist bekanntlich jener des Ex-Kanzlers Karl Nehammer. Gescheitert dürfte das Unterfangen laut Insiderkreisen auch an einem Veto aus Oberösterreich sein. „Nicht schon wieder ein Niederösterreicher“, soll man dort gemeint haben.
Nehammers Mandat ging schließlich über Umwege nach Oberösterreich und an Johanna Jachs. Die 33-jährige Juristin konnte über ein Regionalwahlkreis-Mandat einziehen, weil Staatssekretärin Claudia Plakolm dieses aufgab und Nehammers Sitz von der Bundesliste übernahm. Da allerdings auch auf absehbare Zeit der Sitz der designierten Salzburger Landeshauptfrau Karoline Edtstadler frei wird und sich durch die Regierungsbildung zwischen FPÖ und ÖVP Änderungen ergeben dürften, ist Prölls Nachrücken in den Nationalrat wohl nur eine Frage der Zeit.
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