Die Zuckerl-Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS ist angelobt. Die vielen Damen und Herren haben nun alle Hände voll zu tun und keine Schonfrist mehr. Denn es gibt große Baustellen.
Montagvormittag im sonnigen Wien. Pünktlich um 11 Uhr startet in der Hofburg die von Alexander Van der Bellen längst verinnerlichte Routine. Angelobung. Diesmal eine neue Bundesregierung. Fünf Monate nach den Nationalratswahlen ist es so weit. ÖVP, SPÖ und NEOS bilden 155 Tage nach der Nationalratswahl die erste Dreierkoalition der Zweiten Republik.
Mit „okay“, begleitet vom Lächeln der Anwesenden, finalisierte das 81-jährige Staatsoberhaupt den Formalakt, nachdem sich die Parteien schon Tage zuvor geeinigt und die NEOS am Sonntag den Segen ihrer Parteimitglieder zum Mitmachen an einer Regierung erteilt bekommen hatten.
Was lange währt, wird endlich gut. Ob es wirklich gut wird, bleibt abzuwarten.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen
Bundespräsident mahnt zur Gemeinsamkeit
Vor dem offiziellen Akt hielt der Präsident noch eine Rede an die künftigen Regierungsmitglieder – deren 21, angeführt vom 64-jährigen Rechtsanwalt und nun Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP), inklusive Staatssekretären. In Summe hat Van der Bellen in seiner Amtszeit 155-mal Minister sowie 21-mal Staatssekretäre angelobt. Hinzu kommen noch einige Landeshauptleute. Ein Kommen und Gehen in der Hofburg.
„Ich bin froh, dass Sie über Ihren Schatten gesprungen sind“, sagte der Präsident. Es gehe nun um das Gemeinsame in den nicht sehr unaufgeregten Zeiten: „Jetzt geht es ums Machen.“ Alle gelobten brav – die weiterhin amtierende Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) mit dem Zusatz „So wahr mir Gott helfe“.
Um 11.32 Uhr das finale Foto der neuen Regierung. Es erinnert an ein Foto vom Schulklassenausflug. Entspannt die Stimmung, man feixt und plaudert, auch schon vor der Angelobung.
Der Präsident benannte die zentralen Herausforderungen – von wirtschaftlicher und sozialer Stabilität bis zu Klima und europäischer Stärke – und wünschte den Beteiligten alles Gute für die schwere Aufgabe. Und bemühte einen alten Spruch: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Nachsatz: „Ob es wirklich gut wird, bleibt abzuwarten.“
Die Budgetfrage: Sparen wird die größte Hürde
Tatsächlich gibt es einige Baustellen, um die sich die Zuckerl-Koalition zu kümmern haben wird. Allen voran die Budgetfrage. Die sechs Milliarden Euro, die man heuer einsparen soll, könnten laut Berechnungen von Experten auf acht anwachsen. Klingt schwierig, angesichts der verschiedenen Zugänge – Finanzminister Markus Marterbauer gilt als Linksausleger der SPÖ und als Gegenspieler wirtschaftsliberaler Politik à la ÖVP und NEOS.
Ein dicht gedrängtes Programm wartet auf die neuen Minister. Die Regierungsspitze aus Christian Stocker (ÖVP), Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (NEOS) absolviert zunächst erste Medientermine. Auch die anderen Minister werden voraussichtlich Interviews geben und sich mit dem neuen Arbeitsplatz bekannt machen.
Am Mittwoch tagt der erste Ministerrat. Ob und welche Beschlüsse getroffen werden, war am Montag noch offen. Es könnten einige Dinge für die Nationalratssitzung am Freitag vorbereitet werden. Im Anschluss soll dem Vernehmen nach eine zweistündige Fragerunde mit Journalisten geplant sein.
Am Donnerstag ist Stocker beim EU-Sondergipfel zur Ukraine und den US-Beziehungen in Brüssel. In Wien tagt der Budgetausschuss, wo einiges für die Sitzung am Freitag auf Schiene gebracht wird.
Dort hat die Regierung ihren großen Auftritt im Nationalrat. Stocker wird traditionell seine Regierungserklärung abgeben.
Regierungsgehälter um die 400.000 Euro monatlich
Die große Regierung – in Summe kostet sie etwa 400.000 Euro monatlich an Gehältern – begann gleich am Montag, ihre Ressorts zu übernehmen, und betonte, man wolle konstruktiv agieren. Die Amtsübergabe ist so was wie ein Kurzzeit-Honeymoon für die neuen Minister. In den Palais der Ministerien warten Geschenke, Blumen, Applaus von den Beamten, salbungsvolle Worte vom Vorgänger für den Nachfolger. Sprich, alles ist noch eitel Wonne – der politische Rosenkrieg kommt erst später.
Vor seinem Abschied aus der Politik durfte Alexander Schallenberg gleich Amtsübergaben in seiner Doppelfunktion moderieren. Um 12.40 Uhr übergab Schallenberg die Hausschlüssel des Bundeskanzleramts an den neuen ÖVP-Kanzler Stocker, drei Stunden später die nächste Hausübergabe. Schallenberg hieß Meinl-Reisinger im Außenministerium willkommen.
Ähnlich harmonisch lief der Farbwechsel im Vizekanzleramt. „Lieber Andi, an sich ist das eines der schiachsten Gebäude Wiens“, meinte Werner Kogler bei der Übergabe an Babler. Dafür sei es aber einer der „schönsten Jobs“ gewesen.
Übrigens: Es gab schon größere Regierungen. Etwa unter Fred Sinowatz (1983–1986) oder das provisorische Kabinett von 27. April bis 20. Dezember 1945. Da gab es in Summe 39 Mitglieder. Damals hatte Österreich aber auch ganz andere Probleme.
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