Der Wahlkampf rund um die Nationalratswahlen 2017 ist - trotz anfänglicher, allseitiger Beteuerungen eines kurzen Wahlkampfs ab September - bereits seit Wochen voll im Gange. Von teuren Wahlzuckerln, wortkreativen Beflegelungen, Fehl- und Übertritten sowie schlagzeilenträchtigen Skandalen war bisher schon einiges dabei, was dem umworbenen Wähler freiwillig oder unfreiwillig geboten wurde.
Um eine politische Facette wurde dieser Wahlkampf allerdings reicher: Wie bei keiner Wahl zuvor standen jene im Vordergrund des Geschehens, deren Job es an und für sich ist, im Hintergrund zu agieren und Politiker mit guten Ratschlägen zu versorgen: die Berater der Spitzenkandidaten.
Allen voran sorgt die SPÖ mit ihrem Berater-Fauxpas für fast allwöchentliche Schlagzeilen. Die erste Runde läuteten die Handgreiflichkeiten innerhalb des Kommunikationsteams zu Sommerbeginn an keinem geringeren Ort als im Kanzleramt ein. Gefolgt wurde dieses Gerangel, das sich angeblich um die strategische Ausrichtung des bevorstehenden Wahlkampfs gedreht haben soll, vom Abtritt von Polit-Berater Albin Sengl nach nur rund 56 Tagen.
Nach einer kurzen Episode der Munkeleien rund um Flirtereien mit Stefan Petzner als Auslöser für Sengls Abgang folgte der Höhepunkt des Berater-Dramas mit der Festnahme und anschließender Partei-Entlassung des externen Dirty-Campaigning-Gurus Tal Silberstein, der schon zuvor unter anderem Michael Häupl und Alfred Gusenbauer beraten hatte.
Als ob man nichts mehr zu verlieren hätte, machte dann auch noch der SPÖ-Wahlkampfleiter Georg Niedermühlbichler mit seiner frauenfeindlichen und schier respektlosen Aussage rund um die politische Kompetenz von Frauen auf der Kurz-Liste auf sich aufmerksam. Auch die Nominierung von Paul Pöchhacker als Tal Silbersteins Nachfolger in Sachen Umfragen-Analyse, der im Bundespräsidentenwahlkampf als "Krüppellied-Poster" unrühmliche Bekanntheit erlangte, ist ein weiterer, eher fraglicher Schachzug in der Berater-Rochade der SPÖ. In den letzten Wochen hatten die Berater rund um Christian Kern schon fast mehr Medienpräsenz als der Spitzenkandidat selbst.
Bleibt die grundsätzliche Frage, an welchem Punkt Polit-Berater und ihre Wahlkampftaktiken wichtiger als Ideale, Ideen und Programme geworden sind. Angesichts des ständig präsenten Berater-Hickhacks erscheinen die von ihnen gefertigten Slogans als inhaltsleere Worthülsen, Plakate als überretouchierte Inszenierungen und Wahlkampfreden als vorgefertigtes Gerede. Programme und Ansichten verkommen zu Wahlzuckerln, Ideale scheinen für Wahlkampfstrategen sowieso eher hinderlich.
Man fragt sich, weswegen sich Politiker überhaupt von einer Heerschar an Beratern treiben lassen müssen. Sollten Politiker nicht Politik machen, an die sie glauben und für die sie stehen, anstatt Marionetten eines Beraterstabs zu sein? Denn was bei den ganzen Berater-Persönlichkeiten nicht vergessen werden darf, ist, dass wir Wähler im Oktober nicht den besten Wahlkampf-Strategen, sondern die besten Köpfe wählen. Und die besten Köpfe sind zumeist die, die eigenständig denken können.
Katia Wagner
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