Riesen-Shoppingcenter

Causa Seiersberg: Zwei SPÖ-Landesräte angezeigt

Steiermark
20.04.2022 06:00

Erweiterungen und Bewilligungen rund um die Shoppingcity Seiersberg stehen im Fokus einer Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft: Raumordnungslanderätin Ursula Lackner und ihrem Vorgänger Anton Lang (beide SPÖ) sowie zwei leitenden Beamten der zuständigen Abteilung 13 wird Amtsmissbrauch vorgeworfen. Anders als normalerweise bei solchen Anzeigen agiert der Verfasser nicht im Verborgenen.

„Ich bringe die Anzeige mit offenem Visier und auf Basis von Fakten ein", sagt der steirische Grün-Abgeordnete Lambert Schönleitner. Die Brisanz der Causa veranlasse ihn zu diesem noch nie dagewesenen Schritt: Der Kontrollsprecher hat am Dienstag eine 18-seitige Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien gegen Raumordnungslandesrätin Ursula Lackner sowie deren Vorgänger Anton Lang (beide SPÖ) eingebracht.

Lambert Schönleitner, Kontrollsprecher der steirischen Grünen. (Bild: Jauschowetz Christian)
Lambert Schönleitner, Kontrollsprecher der steirischen Grünen.

Amtsmissbrauch steht im Raum
Die Vorwürfe haben es in sich: Beiden Politikern wird in Zusammenhang mit den Bewilligungen rund um die Shoppingcity Seiersberg Amtsmissbrauch vorgeworfen. Gegen zwei Beamte der zuständigen Abteilung 13 wurde deshalb ebenfalls Anzeige eingebracht.

Zitat Icon

Seiersberg ist das in Beton gegossene, rot-schwarze Monument einer willkürlichen und fahrlässigen Raumordnungs- und Bodenpolitik in der Steiermark

Lambert Schönleitner

Gesetze zurecht gebogen?
Damit wird ein weiteres Kapitel der ohnehin bereits sehr komplexen Unternehmensgeschichte aufgeschlagen. Denn seit der Eröffnung des Einkaufstempels südlich von Graz 2003 reiht sich ein Konflikt an den nächsten. Im Zentrum standen Fragen zur Größe, den Verbindungsbauten oder etwa einer notwendigen SUP (strategische Umweltprüfung), vor allem aber: Ob all die Genehmigungen zu dem größten Einkaufszentrum der Steiermark überhaupt rechtens sind.

Kritik vom Verfassungsgerichtshof
„Der Skandal beginnt mit der Verbindung der fünf Häuser durch Brücken - sie wurden rechtlich als sogenannte Interessentenwege geführt“, erinnert Schönleitner an die Anfänge. Der Verfassungsgerichtshof hob diese Rechtskonstruktion auf, in dieser Tonart ging es jahrelang hin und her. Zuletzt stülpte die schwarze-rote Landesregierung mit der Erteilung einer Einzelstandortverordnung dem Komplex so etwas wie eine Glaskuppel über - seit Mai 2020 sind damit sämtliche Bauten endgültig rechtlich abgesichert.

War Gutachten gekauft?
„Die ÖVP hat 2016 ja noch selber in einer Aussendung darauf hingewiesen, dass eine solche Verordnung nicht in Betracht kommt, würde doch damit für Seiersberg das Raumordnungsgesetz außer Kraft gesetzt“, zitiert Schönleitner aus einem der vielen Beweismittel.

Dass damals keine strategische Umweltprüfung durchgeführt wurde, hält der Grüne dem damaligen Landesrat Lang, der die Verordnung vorbereitet hat, sowie Lackner, die diese dann umgesetzt hat, ebenso vor: „Diese Entscheidung wurde mit einem negativen Gutachten begründet. Dass dieses von den Betreibern der Shoppingcity eingebracht wurde, hat man einfach ignoriert“, unterstellt Schönleitner allen Involvierten „wissentlichen Befugnismissbrauch“.

Immer mehr „Nachahmer“
Wieso hat der Kontrollsprecher die Anzeige erst jetzt eingebracht? „Zum einen musste ein wasserdichter juristischer Unterbau her, dies braucht einfach Zeit. Zum anderen sehen wir, dass Seiersberg immer öfter auf Entscheidungen in der steirischen Raumordnung wirkt, siehe etwa Trauncenter in Bad Aussee.“

Fakten

Richtet sich die Kritik der Grünen auch gegen die Betreiber?
Nein, nur gegen jene Verantwortungsträger, die im betreffenden Zeitraum das Umweltressort über hatten. Strafrechtliche Konsequenzen für die zuständigen Politiker, aber auch für die Beamten sollen geklärt werden. 

Könnte die 85.000 Quadratmeter große Shoppingcity Seiersberg rückgebaut werden?
Betreiber und Ortschefs drohten immer wieder mit dem Zusperren, argumentierten mit 2000 Arbeitsplätzen. Davon - sowie von einem Abriss - ist heute keine Rede, ein Rückbau der Verbindungsgänge steht aber im Raum.

Und was erwartet man sich von der Anzeige? „Dass seriös und ausführlich geprüft wird“, sagt Schönleitner. Zudem, dass Volksanwalt Werner Amon „endlich ein Lebenszeichen“ von sich gibt. Nur er kann eine Prüfung der Verordnung jetzt noch veranlassen.

Es gilt Unschuldsvermutung
Die eingeräumte Möglichkeit für eine Stellungnahme wollten Lang und Lackner übrigens nicht nutzen: „Ich kann dazu nichts sagen, weil ich nicht weiß, welche konkreten Vorwürfe erhoben werden“, hieß es unisono. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Steiermark



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt