Großelternkarenz

Politik soll nicht in Familien „hineinregieren“

Politik
10.08.2024 15:44

Nach ihrem Vorstoß für eine Großelternkarenz hat sich Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) gegen ein „Hineinregieren“ der Politik in Familien ausgesprochen. Sie plädierte einmal mehr für „echte Wahlfreiheit“ und verwehrte sich gegen eine „reflexartige ideologische Zurückweisung von Wahloptionen“.

Bei der Nationalratswahl werde die ÖVP den ersten Platz belegen, zeigte sie sich zuversichtlich. Vage blieb Raab bezüglich ihrer persönlichen politischen Zukunft.

Wahlmöglichkeiten sollen geschaffen werden
Kritik an der Idee der Großelternkarenz hatten u.a. der grüne Koalitionspartner und die SPÖ geäußert. Familien würden selbst wissen, was am besten für sie sei, meinte die Ministerin. In diesem Sinne soll eine Karenz der Großeltern ebenso vorangetrieben werden wie ein Ausbau der Kinderbetreuung. Schließlich schaffe man nur eine weitere Wahlmöglichkeit, niemand werde zu etwas gezwungen.

„Ich bin nach zwei Monaten wieder zurückgekommen, mein Mann war in Karenz. Das Lebensmodell war gut für uns. Muss es jeder so machen? Nein.“ Vonseiten anderer Parteien würde jedenfalls seltener Wertschätzung für innerfamiliäre Betreuung kommen.

Sozialhilfe erst nach fünf Jahren
In der nächsten Legislaturperiode soll die Sozialhilfe Thema sein, kündigte Raab, auch für Integration, Frauen und Medien zuständig, im APA-Gespräch an. Dabei stellt sie sich eine Wartefrist von fünf Jahren vor, bevor man die volle Sozialhilfe erhält. Seit Bekanntwerden des Falls einer neunköpfigen syrischen Familie, die inklusive Mietbeihilfe 4600 Euro monatlich erhält, liegt die ÖVP mit der SPÖ und vor allem dem rot-regierten Wien im Clinch. Wenn sie bei Beträgen von rund 5000 Euro netto monatlich noch von Armutsbekämpfung spreche, „dann hat die SPÖ den Bezug zu den realen Einkommen der Menschen in Österreich verloren“, so Raab.

Die Umsetzung des automatischen Pensionssplittings noch in dieser Legislaturperiode hält Raab für unwahrscheinlich, stoße sie doch mittlerweile schon beim dritten grünen Sozialminister auf „taube Ohren“. Der Elternteil, der nicht überwiegend die Kindererziehung übernimmt und erwerbstätig ist – in den meisten Fällen der Mann –, überträgt dabei Teile seiner Pensionskontogutschrift auf das Pensionskonto des anderen Elternteils. Zurzeit wird die freiwillige Möglichkeit wenig in Anspruch genommen.

Mit Schwarz-Grün zufrieden
Dass damit Freiwilligkeit abhandenkommen würde, wie Carmen Treml, Ökonomin beim wirtschaftsliberalen „Thinktank“ Agenda Austria, eingeworfen hatte, will Raab nicht gelten lassen. Schließlich würde es eine Opt-out-Möglichkeit geben. „Aus meiner Sicht ist es vollkommen unverständlich, dass die Grünen hier einfach auf diesem Weg zur Gleichberechtigung und im Kampf gegen Altersarmut kein Partner sind“, meinte Raab. Die Grünen wollen die Maßnahme mit einem größeren Paket inklusive Lohntransparenz verbinden. Die Ministerin verwies darauf, dass eine EU-Richtlinie für Lohntransparenz, allerdings weniger streng als der Vorschlag der Grünen, sowieso umgesetzt werden müsse.

Ungeachtet dessen zeigte sich Raab über Schwarz-Grün zufrieden. Trotz unterschiedlicher inhaltlicher und ideologischer Zugänge hätte man es „in vielen Bereichen geschafft, Kompromisse zu erzielen und gute und wichtige Gesetze und Inhalte für die Menschen in Österreich auf den Weg zu bringen“. Highlights sind für sie etwa die 4,5 Milliarden Euro hohe Investition in den Kinderbetreuungsausbau, die Ausfinanzierung der Gewaltschutzzentren und die jährliche Inflationsanpassung bei den Familienleistungen. Zu Koalitionsvarianten nach der Wahl – und auch eine mögliche Fortsetzung der jetzigen Partnerschaft – wollte sich Raab nicht äußern. „Jetzt wird einmal gewählt und dann wird man schauen, was es für Mehrheiten gibt.“ Lediglich mit Herbert Kickl will sie klar nicht in einer Regierung zusammenarbeiten.

Glaubt an Wahlsieg von Nehammer
Ziel bei der Nationalratswahl sei jedenfalls, dass Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gewinne, „und ich bin auch überzeugt, dass das gelingen wird“. Bei der ÖVP konzentriert sich im Vorfeld der Wahl alles auf den Kanzler, schließlich tritt die Partei als „Karl Nehammer – Die Volkspartei“ an. Der Weg der Mitte, bei dem an Lösungen für die Menschen gearbeitet werde, werde sich am Ende des Tages durchsetzen, meinte Raab – „nicht populistische rechte Ideologien“ oder „linke Träumereien“. Nehammer habe Stabilität in schwierige Zeiten gebracht. Umfragen seien jedenfalls „nicht immer das Maß aller Dinge“. Diese sehen die FPÖ seit langem auf Platz eins.

Nicht konkret eingehen wollte Raab auf ihre persönliche politische Zukunft nach der Nationalratswahl. Sie mache ihre Tätigkeit sehr gerne, meinte sie zu einem möglichen künftigen Ministeramt. Allerdings seien „erstmal die Wählerinnen und Wähler am Wort“. Auch auf die Frage, ob sie als normale Abgeordnete in den Nationalrat einziehen würde, falls sie nicht Ministerin wird, wurde Raab nicht konkreter: Sie kandidiere auf der ÖVP-Bundesliste für den Nationalrat und freue sich, Kanzler Nehammer unterstützen zu können.

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