Filzmaier analysiert

„Drexler ist noch kein volksnaher Landesvater“

Steiermark
31.08.2024 09:00

Am 29. September findet die Nationalratswahl statt, nur knapp zwei Monate später – am 24. November – wählt die Steiermark ihren Landtag. Also befinden sich auch die steirischen Parteien längst im Vorwahlkampf. Infolge der zeitlichen Überlappung beeinflusst die Bundeswahl auch Stärken und Schwächen der regionalen Wahlkämpfer.

Landeshauptmann Christopher Drexler ist immer noch nicht in den Schuhen seines ÖVP-Vorgängers Hermann Schützenhöfer angekommen. Vor allem im ländlichen Raum gilt Drexler nicht als volksnaher Landesvater, obwohl er sich redlich bemüht. Die zu ihm passende Rolle des Landesmanagers leidet darunter, dass er von der Coronapandemie bis zur Teuerung viele Krisen verwalten musste.

Das Wahlergebnis droht für die ÖVP zum Debakel zu werden. So sehr kann man Umfragen gar nicht vom Tisch wischen. Also versucht Drexler, der an sich ein seriöser Sachpolitiker ist, mit vollmundigen Ansagen vom Nationalstadion bis zum Sieg über die Jugendkriminalität ein populäres Thema zu finden. Denn komplexe Politikvorhaben wie die unbestritten ausgebaute Wohnbauförderung wirken erst in ein paar Jahren.

Lang und der Spagat
Anton Lang ist ein Veteran, der seit 2017 in der Landesregierung sitzt. Er verkörpert das Musterbeispiel eines umgänglichen Politikers, der keinen empört. Warum das nicht gut ist? In der Intensivphase des Wahlkampfes würden ihm mehr Ecken und Kanten eher helfen. Er soll ja ein Stimmenbringer sein.

Langs größtes Problem ist der Spagat zum Nationalratswahlkampf. Im Bund fuhrwerkt die SPÖ als scharfe Opposition. Andreas Babler trommelt ständig Forderungen, was radikal geändert werden muss. Würde Lang so über Missstände sprechen und ein Regierungsversagen orten, wäre das eine Aufforderung an sich selbst es besser zu machen. Deshalb fehlt der SPÖ in der Steiermark bisher ein zündender Funke für den Wahlkampf.

Professor Peter Filzmaier analysiert für die „Krone“ die Ausgangsposition zur Landtagswahl. (Bild: Imre Antal)
Professor Peter Filzmaier analysiert für die „Krone“ die Ausgangsposition zur Landtagswahl.

Kunasek Favorit
Mario Kunasek von der FPÖ muss hingegen aufpassen nicht zu überziehen. Voller Siegesgewissheit polternde Politiker schrecken Wechselwähler ab. Heutige Umfragen können im November Schall und Rauch sein, doch die FPÖ ist Stand jetzt Favorit für den ersten Platz. Bis zur Nationalratswahl kann Kunasek da als Fundamentalopposition gegen alles und jeden auftreten. Schafft es die FPÖ in die Bundesregierung und verpartnert sich dafür mit der ÖVP, wird die Sache für ihn schwieriger.

Die größte Stärke von Kunasek ist, dass er mehr Zeit hat als die regierenden Drexler und Lang. Er muss keine Pflichttermine absolvieren, sondern tourt seit Monaten von Veranstaltung zu Veranstaltung. Das kann er, weil im Finanzskandal der Grazer FPÖ fragwürdige Umtriebe in seinem Umfeld passierten, ohne dass bei ihm selbst eine rauchende Pistole gefunden wurde.

Krautwaschl braucht mehr Breite
Die Grünen werden in der Landtagswahl um ein gutes Ergebnis sehr hart kämpfen müssen. Denn die Unzufriedenheit mit Grünpolitikern in der Bundesregierung ist groß. Daher ist es ein zweischneidiges Schwert, wenn sich Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl für das Medienecho allzu gerne mit dem Vizekanzler und den Ministern der eigenen Partei zeigt.

Nur Leonore Gewessler ist seit ihrer Zustimmung zur Renaturierung eine Heldin der Basis. Denn die Kernmarke der Grünen ist klarerweise Umwelt und Klima, doch welches Thema besetzen sie noch? Da bräuchten sie mehr Breite und rangieren bei der Sozialpolitik hinter der KPÖ.

Schadet Ämtertrennung Klimt-Weithaler?
Die KPÖ wird aufgrund ihrer Stärke in Graz das Minimalziel Landtagsverbleib schaffen. Allein im Wahlkreis der Landeshauptstadt und ihrer Umgebung werden 15 der 48 Sitze im Landtag vergeben. Es sind sogar klare Zugewinne wahrscheinlich. Nicht einmal der Dämpfer durch ein schlechtes Nationalratswahlergebnis wäre ein Beinbruch, dann das ist man gewohnt.

Ist die Ämtertrennung von Spitzenkandidatin Claudia Klimt-Weithaler und Parteichef Robert Krotzer ein Risiko? Da entstehen in der Wahlkampfhektik schnell zwei Kommunikationszentren. Jeder Widerspruch der beiden ist für Gegner und Medien ein gefundenes Fressen. Doch Wohnen und Gesundheitspolitik als kommunistische Themenschlager dürften funktionieren.

Swateks Hoffnung ist Graz
Für die NEOS ist der Doppelwahlkampf am schwierigsten. Die kleinste Partei hat kein großes Netzwerk von Gemeindepolitikern oder Parteiangestellten. Daher muss man auf ein gutes Ergebnis bei der Nationalratswahl hoffen. Das und ein sich abzeichnender Weg in die Bundesregierung würden eine erhöhte und positive Medienpräsenz bedeuten.

Das Leibthema von Frontmann Niko Swatek ist Bildung. Vor allem kritisiert er das beschlossene Paket zur Elementarpädagogik in den Kindergärten. Doch muss Swatek sich hier auf den Wahlkreis Graz und Umgebung konzentrieren. Das steirische Wahlrecht kennt nämlich keine Mindestprozenthürde. Für den Landtagseinzug ist ein Direktmandat in einem der Wahlkreise nötig. Weiter weg von Graz haben die NEOS keine Erfolgschance.

Eine Hoffnung teilen übrigens alle Parteien in der Steiermark: Dass ihnen nicht das Ergebnis bei der Nationalratswahl, wenn es schlechter sein sollte als erwartet, ein Verliererimage beschert.

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