„Krone“analysiert

Stimmungsbarometer: Steirische Parteien im Check

06.10.2024 09:00

Die Nationalratswahlen haben hierzulande einen tiefen Krater geschlagen. Jetzt, sieben Wochen vor der Landtagswahl, lecken ÖVP und SPÖ ihre Wunden und fürchten sich vor der FPÖ und vor der türkis-rot-pinken Zuckerl-Koalition im Bund.

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Wie eine Bombe hat das Ergebnis der Nationalratswahlen vom vergangenen Sonntag in der steirischen Landespolitik eingeschlagen. Heute, nur sieben Wochen vor den Landtagswahlen, bleibt der Krater ein tiefer: Die FPÖ lag hierzulande mit mehr als fünf Prozentpunkten sogar noch deutlicher vor der ÖVP als im Bundesschnitt und in allen anderen Bundesländern außer Kärnten. Und die SPÖ lag als Dritter noch klarer zurück als österreichweit.

Nervosität macht sich breit
Was bedeutet das für den 24. November? FPÖ-Landeshauptmann-Favorit Mario Kunasek bleibt zurückhaltend, sagt, dass „die FPÖ jetzt wieder bei null anfängt“. Da stapelt er gewaltig tief – man höre nur ein bisschen in die Landeshauptmann-Partei ÖVP hinein. Zwar betont man dort nach außen auch, Landeswahlen seien etwas anderes als Bundeswahlen. Doch in Wahrheit ist man allerspätestens seit vergangenem Sonntag höchstgradig nervös. Ganz zu schweigen von der miesen Stimmungslage in der immer tiefer abrutschenden SPÖ. Wofür man in ÖVP und SPÖ im Moment die größte Angst hat? Dass eine türkis-rot-pinke Zuckerl-Koalition im Bund schon im November steht. Denn an diesem Anti-FPÖ-„Zuckerl“ fürchtet man sich in der Steiermark zu verschlucken.

ÖVP

Regionen als Baustelle

(Bild: Jauschowetz Christian)

Die Watschn hat gesessen! Gleich um zwölf Prozent wurden die Schwarzen bei der Nationalratswahl gestutzt. Dass man in Graz nur hauchdünn hinter der SPÖ auf Platz zwei landete, ist da nicht einmal ein schwacher Trost. Die große Baustelle der ÖVP sind nämlich die Regionen – bis auf die Südoststeiermark gingen alle Bezirke verloren. Einstige Hochburgen wurden (dunkel-)blau umgefärbt. Es mag schon stimmen, wenn Landeshauptmann Drexler gebetsmühlenartig wiederholt, dass die Steirer zwischen Bundes- und Landeswahl zu unterscheiden wissen – aber nicht einmal der kühnste schwarze Optimist wird davon ausgehen, dass das Stimmungsbild für den 24. 11. so ganz anders aussieht als das Ergebnis vom 29. 9. Der nach wie vor riesige ÖVP-Apparat muss daher schleunigst in die Gänge kommen, will man das Ruder noch herumreißen.

Dass man angesichts der suboptimalen Ausgangsposition mit der „Steiermark-Tour“ erst Anfang November in den Intensivwahlkampf startet, erscheint daher nicht wirklich schlüssig.

FPÖ

Die Richtung stimmt

(Bild: Pail Sepp)

Die Stimmung könnte besser nicht sein. 32,19 Prozent bedeuteten nicht nur Platz eins, sondern auch Allzeit-Rekord für die steirischen Freiheitlichen. „Und das nicht wegen, sondern trotz Herbert Kickl“, wie ein Funktionär meint. Mit einem gemäßigteren Spitzenkandidaten wie Norbert Hofer wäre noch mehr drin gewesen, sagen einige in der Partei. Daher traut man Mario Kunasek im November ein „blaues Wunder“ zu: Der Grazer gilt nicht als Polterer, greift nur ungern zum Bihänder und hat auch einen Minister-

Posten (Verteidigung) im Lebenslauf stehen. Das könnte Kunasek durchaus zum Landeschef qualifizieren. Allerdings schwebt über ihm das Damoklesschwert einer möglichen Anklage im Grazer FPÖ-Finanzskandal. Gibt es eine Entscheidung noch vor der Wahl? Man wird sehen.

Insgesamt stimmt aber die Richtung der FPÖ. Die Unzufriedenheit mit der Regierung, der Ärger über die Teuerung und die Migrations-Problematik spielen ihr in die Hände – wenn nichts mehr passiert, ist ihr der Sieg bei der Landtagswahl wohl kaum noch zu nehmen.

SPÖ

Miese Stimmung

(Bild: Juergen Fuchs)

In der Haut von Parteichef Anton Lang möchte man nicht stecken. Sowohl bei der EU-Wahl im Juni als auch jetzt bei der Nationalratswahl hat die SPÖ Stimmen verloren, und das recht ordentlich. Einmal kein Minus vor dem Grafik-Balken hätte dem Selbstbewusstsein des roten Vize-LHs (und der Funktionäre, die für ihn laufen müssen) gutgetan.

So muss die einstige Landeshauptmann-Partei nun mit gestutzten Federn zur Landtagswahl antreten. Und die Hoffnungen, dass Lang noch einmal das Ruder herumreißt, schwinden auch unter noch so eingefleischten Genossen von Tag zu Tag. Denn mit Andreas Bablers linken Fantasien könne man in der Steiermark kaum reüssieren, da sind sich viele einig. Stichwort Einigkeit: Die gibt es in der SPÖ noch immer nicht, schon gar nicht in der Steiermark, wo viele bekannte rote Doskozil-Anhänger waren und sind. Die andauernde Obmanndiskussion habe der Partei nur geschadet, meinte Lang jüngst im „Krone“-Interview. Womit er sicher recht hat. Eine Hoffnung bleibt: dass viele Stimmen in Graz die SPÖ bei der Landtagswahl „herausreißen“.

GRÜNE

Schweres Erbe

(Bild: Christoph Hartner)

Es geht nun um steirische Themen, betont die grüne Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl – und gibt sich kämpferisch. Doch das weitgehend negative Image der Bundesregierung färbt auch auf die Landespartei ab, zudem ist Klimaschutz kein so großes Thema wie 2019. Am Samstag gab es in Leoben mit der Landesversammlung den Startschuss für den Wahlkampf. Es geht wohl um Schadensbegrenzung.

NEOS

Aufwärts

(Bild: Jauschowetz Christian/Christian Jauschowetz)

Die Neos sind gestärkt aus der Nationalratswahl hervorgegangen. Nach der Landtagswahl 2019 gab es immer wieder Zeiten, wo die Pinken fürchteten, bei der nächsten Wahl wieder aus dem Landtag zu fliegen. Diese Ängste sind jetzt verflogen.

Eine Baustelle aber gibt es: Nationalrat Veit Dengler gilt parteiintern als „Zündler“ – in sein Visier könnte schon bald auch Steiermark-Parteichef Niko Swatek geraten.

KPÖ

Hoffnung Graz

(Bild: Pail Sepp/Sepp Pail)

Zwiespältig war das Ergebnis der Nationalratswahl für die KPÖ: Der erhoffte Einzug in den Nationalrat wurde verpasst, doch es gab ein deutliches Plus – und die Landtagswahl-Umfragen sind vielversprechend. Die beliebte Bürgermeisterin Elke Kahr könnte in Graz wichtige Stimmen bringen. Man darf gespannt sein, ob die Gegner noch Skandale wie einst die Nordkorea-Reise im „Giftschrank“ haben.